Nun haben Stadträtinnen und Stadträte aus allen Fraktionen und Gruppierungen eineinhalb Jahre über ein Regelwerk für die Durchführung von Bürger*innenbeteiligung diskutiert und sich schließlich auf einen Verfahrensvorschlag mit der Verwaltung geeinigt, unter Berücksichtigung von Erfahrungen auch aus anderen Städten. Ferner hatte man sich geeinigt, das Regelwerk als „lernendes Dokument“ zu begreifen. Es soll bis Ende 2018 eine Pilotphase stattfinden, in der Erfahrungen und Kritikpunkte aufgenommen und die Lösung für evtl. noch nicht aufgetauchte Fragen gesucht werden sollen. Und damit in der Pilotphase auch wirklich Projekte im Bürger*innenteiligungsprozess ablaufen, wurden die Gestaltung des Stempelparks in Käfertal sowie des Marktplatzes Rheinau als Projekte vorgeschlagen. Für die Pilotphase soll außerdem eine befristete Stelle eingerichtet werden, die alles koordiniert und die notwendigen Zusammenfassungen erstellt. Im Hauptausschuss wollte die CDU dieser Stellenbesetzung nicht zustimmen. Sie lehnt in einem Gegenantrag zusätzliches Personal für die Bürgerbeteiligung nach dem neuen Verfahren ab. Das bisschen könne noch so vom bestehenden Personal mitgemacht werden. Bürgerbeteiligung sei zwar gut, aber kosten dürfe sie nichts.
Prof. Weizel (Freie Wähler / Mannheimer Liste) sprang der CDU bei. Die Stadt brauche keine zusätzlichen sondern weniger freiwillige Aufgaben (Weizel ist übrigens auch Vorsitzender des Vereins der Freunde des Nationaltheaters, einer ebenfalls freiwilligen Leistung der Stadt). So lehnten denn CDU, ML und Alfa die Vorlage ab, SPD, Grüne, CDU, FDP. und Linke unterstützten sie mehrheitlich.
Das nun vom Gemeinderat zu beschließende Bürger*innenbeteiligungsverfahren ist ein aufwändiges Regelwerk, das sich natürlich zuerst einmal fragen lassen muss:
Braucht man so ein kompliziertes Opus? Der Grundgedanke und auch die Erfahrung aus zurückliegenden Beteiligungsverfahren ist jedoch: Es gab sehr viel unnötigen Streit über einzelne Verfahrensfragen, die die Auseinandersetzung über die eigentlichen Sachfragen in den Hintergrund zu drängen drohten. Sofort ist natürlich in solchen Situationen der Vorwurf der Willkür und der Ungleichbehandlung etc. auf dem Tisch. Klare, aber auch vernünftige Regeln können das vermeiden. Eine weitere Frage, die immer wieder zu klären ist: Wie verhält sich Bürger*innenbeteiligung zu den repräsentativen Entscheidungsgremien des Gemeinderats samt Bezirksbeiräten. Auch hierfür ist das Regelwerk wichtig.
Thomas Trüper