Warum DIE LINKE im Gemeinderat heute dem Leitentscheid Grünzug Nordost zustimmt hat
Sinnloses Großprojekt? Baulöwen-Zirkus? Ökologisches Zerstörungswerk? Geldverschwendung?
Nichts von alledem, was im Sinne einer kritischen Erstvermutung durchaus zu hinterfragen war, hat sich nach dem inzwischen jahrelangen Planungsprozess bewahrheitet und wird auch durch ständige Wiederholung nicht wahrer.
Der Grünzug Nordost vom Luisenpark bis zu den Vogelstangseen wird eine Errungenschaft, offen und zugänglich für breiteste Teile der Bevölkerung. Seine durchaus aufwändige Ausgestaltung dient der Erschließung für die Bevölkerung, die hier Erholung finden kann, sich bewegen und Sport treiben und gute Luft atmen kann. Der Grünzug ist eine Gegenstrategie gegen die tendenzielle Überhitzung des Stadtklimas in der heißen Jahreszeit. Die anliegenden Stadtteile werden profitieren, wenn auch die erhofften Effekte für die City eher zurückhaltend zu bewerten sind. Auch dieser Grünzug ist Sozialpolitik; denn der Mensch lebt nicht vom Brot allein.
Die BUGA ist ein Instrument, um die Finanzierung der Investitionen von 105 Mio. Euro für die Stadt erschwinglich zu machen. Die BUGA—Gegner, die immer behaupten, sie könnten den Grünzug für 10 bis 20 Mio. ohne BUGA herstellen, bleiben jeglichen Beweis schuldig. Tatsächlich verstehen sie wohl unter Grünzug die Entsiegelung von Spinelli und die Aussaat von flächendeckender Wiese.
Nimmt man ihre Streichliste ernst und rechnet mal nach, wird man feststellen, dass die „Einsparungen“ einiger Investitionen und des kommunalen BUGA-Kosten- und Risikoanteils sowie der Verzicht auf das Gros der 40 Mio. Euro Landesförderung ein Minus von zwischen 2 und 12 Mio. Euro ergibt (je nach Risikobewertung eines unterstellten BUGA-Flops). Und die Streichliste kostet die Erschließung des Grünzuges – ein äußerst unfreundlicher Akt gegenüber der Bevölkerung, Sparen an der Qualität.
Übrigens kostet die Nichtverlegung der Straße am Aubuckel inzwischen durch erforderliche Geländemodellierungen und aufwändige Brücken und Rampen auch ihre 10 Mio. Euro brutto.
Man muss BUGAs nicht mögen. Sie stehen nicht auf der Höhe ökologischer Garten- und Landschaftsbewirtschaftung. Aber man muss sie auch nicht hassen. Millionen Menschen kommen immer wieder, um diese Leistungsschau der einschlägigen Gewerke zu betrachten und – ja, auch das gibt es – zu genießen. Man muss die BUGA Mannheim 2023 auch deswegen nicht hassen, weil sie die Erschließung des Grünzuges eben doch fördert.
Es kommt seit 2014 noch ein Aspekt hinzu: Heidelberg hat von der Landesregierung die Schließung des Ankunftszentrums für Geflüchtete erreicht, indem es eine „Internationale Bauausstellung“ auf Patrick-Henry-Village plant. Auf Spinelli, das immer noch mehrheitlich dem Bund und seiner BIMA gehört, unterhält die Landesregierung bekanntlich einen LEA-Ableger. Ohne den Treiber BUGA werden die Menschen in Mann wohl noch sehr sehr lange auf ein freies Spinelli-Gelände zu warten haben. Der Bund kann zum Verkauf nicht gezwungen werden.
Der heutige Leitentscheid spiegelt einen Planungsstand wider, der gegenüber den ersten Überlegungen durch die Bürgerschaft direkt (und indirekt über die Parteien im Gemeinderat) massiv verändert wurde – aus unserer Sicht überwiegend positiv, aber auch teilweise negativ (siehe Aubuckel). Ein Ergebnis ist u.a., dass keine Schrebergärten zwangsumgesiedelt werden sollen. Das sollten die dortigen Schreber-Aktivisten jetzt auch mal erfreut zur Kenntnis nehmen und sich nicht weiter vor irgendwelche Karren spannen lassen.
Die ominöse Seilbahn steht heute überhaupt nicht auf der Tagesordnung – sie wäre wenn überhaupt ein Durchführungsdetail der BUGA. Der Landschaftsplaner Lenzen bezeichnet sie selbst als nette von rotem Wein angeregte Idee, nicht als Planungsgegenstand.
Die Wohnbebauung Käfertal Süd steht heute nur in ihrer Kontur zur Abstimmung, nicht in ihrer Detail-Planung. Wir begrüßen den dortigen Wohnungsbau und werden uns für eine durchmischte Bebauung ins Zeug legen. Sie muss auch für breite Schichten der Bevölkerung erschwinglich sein. Ebenso das Baufeld um die historische Kaserne herum.
Der Tag heute wurde ein guter Tag für Mannheim.
Ergänzung Juni 2017
Spart man beim Grünzug zumindest Geld ohne BUGA?
Vielleicht sollte man einmal nüchtern rechnen statt behaupten.
In der folgenden Tabelle sind die Planungs-Zahlen aufgenommen, die der Leitentscheid aufweist (Spalte „Budget“). In der Spalte „Entbehrlich?“ sind die Einzelprojekte rausgerechnet, die von den BUGA-Gegnern als überflüssig hingestellt werden. Sie werden um den Faktor-Zuschlag für anteilige Planungs- und Nebenkosten ergänzt. Sodann werden zu den Einsparungen noch nicht geflossene 4,8 Mio. Euro des auf 6,8 Mio. Euro festgelegten städtischen Anteil an den BUGA-Durchführungskosten hinzurechnet. Ferner auch noch ein einzusparendes Risiko von bis zu 10 Mio. als Folge eines möglichen BUGA-Flops (entspräche ca. 25% der gesamten Durchführungskosten). Die Stadt ist zwar nach ihrer Kapitaleinlage nicht Nachschusspflichtig. Aber im Falle der Insolvenz der BUGA 2023 gGmbH würde sie auf vorgestreckten Geldern sitzen bleiben. Nun werden von den Einsparungen die nicht erfolgenden städtebaulichen Zuschüsse des Landes abgezogen. Die BUGA-Gegner behaupten immer, mindestens 20 Mio. Euro dieser Zuschüsse bekäme man auch ohne BUGA. Die Verwaltung stellt dagegen heraus, dass die üblichen jährlichen Städtebau-Zuschüsse sowieso abgegriffen werden z.B. für Sanierungsmaßnahmen im Stadtteil Schönau. Die vom Land in Aussicht gestellten 40 Mio. Euro seien dagegen an die Kombination von BUGA und Städtebau gebunden. Wir rechnen nicht mit Vollverlust von 40, sondern „nur“ mit 35 Mio. entfallenden Zuschüssen. Am Ende dieser sehr vorsichtigen Rechnung steht neben den Qualitätseinbußen des Grünzugs ein Verlust von 4,5 bis 14,5 Mio. Euro, je nachdem, wie das eingerechnete Flop-Risiko zur Wirkung kommt. Fazit: Die BUGA-Gegner können es keineswegs billiger. Sie reden jedoch nur von einer grünen Wiese mit ein paar Bäumen wie im „Bürgerpark“ Feudenheim. Ein Grünzug wäre dies allerdings nicht!
Und noch ein Fazit ist zu ziehen: Der Mehrheitsbeschluss des Gemeinderats (gegen die Stimmen der LINKEN), die Straße Am Aubuckel nicht zu verlegen und den Grünzug so mit einer verkehrsreichen Straße zu durchschneiden, erfordert diverse Ausgleichsmaßnahmen. Sie belaufen sich auf 14,3 Mio. Euro. Die Verlegung der Straße hätte ca. 18 Mio. Euro gekostet. Somit stellt sich die Nichtverlegung neben den ökologischen Einbußen im Grünzug auch noch als Spar-Flop heraus. Schade!
Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE
(DIE LINKE)