Am 3. Mai entscheidet der Mannheimer Gemeinderat über die Umsetzung dreier wesentlicher Grundsätze des 12-Punkteprogramms für bezahlbares Wohnen in kommunales Satzungsrecht: Die Einführung der „Sozial-Quote“ von 30%, die verbilligte Abgabe von städtischen Grundstücken an Wohnungsbauträger, die mehr als 30% preisgünstigen Wohnraum schaffen und die Konzeptvergabe, die sich nach der Qualität und dem Nutzungskonzept des Bauprojektes und nicht nach dem preislichen Höchstgebot für das Baugrundstück richtet.
Im Hauptausschuss des Gemeinderats fand am 24. April die Vorberatung über die entsprechende Beschlussvorlage der Verwaltung statt (V145/2018). Der Ausschuss empfahl mit 7 zu 6 Stimmen dem Gemeinderat die Annahme der Vorlage. Die 7. Stimme stammt vom Oberbürgermeister, der bekanntlich im Gemeinderat und seinen Ausschüssen Stimmrecht hat. Für die Vorlage stimmten SPD, Grüne und Linke; dagegen CDU, ML, Bürgerfraktion und die FDP. Im Gemeinderat sind diese beiden Lager mit 23 Stimmen (links einschließlich des Einzelmitgliedes J. Ferrat) und 25 Stimmen (rechts) ausgestattet. Der OB wird selbstverständlich für die Vorlage stimmen, damit würde es 25 zu 24 Stimmen gegen die Vorlage stehen. Unberechenbar sind manche Einzelmitglieder und auch immer wieder einzelne Mitglieder der CDU-Fraktion. Es bleibt also (bei Redaktionsschluss) spannend.
Was hieße eine Ablehnung der Vorlage?
Sie wäre eine herber Rückschlag für die zarten Bemühungen der Stadt Mannheim, dem immer akuter werdenden Mangel v.a. an preisgünstigen und dabei auch an vielen kleinen Wohnungen entgegenzuwirken. Es bestünde dann ein im letzten Jahr noch knapp mehrheitlich verabschiedetes 12-Punkteprogramm, das in den wesentlichen Punkten nicht umgesetzt werden kann. Und selbst, wenn die Umsetzungsrichtlinien jetzt verabschiedet werden, ist immer noch der einzelne Grundstücksverkauf vom Gemeinderat zu beschließen. Selbst hier könnte sich bei der einzelnen Umsetzung die neue rechte Gemeinderatsmehrheit durchsetzen.
Dem „rechten Block“ ist dieser Wohnungsmangel offensichtlich gänzlich egal. Für sie geht es um die ungehinderte Anlockung von Investoren und die Fortsetzung einer Wohnungsbaupolitik, die bisher (seit Abschaffung der Sozialwohnungsbauförderung und Wohnungsgemeinnützigkeit) fast ausschließlich zur Errichtung teurer Miet- und v.a. Eigentumswohnungen geführt hat. Der rechte Block ignoriert ferner, dass fast alle Großstädte, die mit Wohnungskosten-Explosionen konfrontiert sind, genau solche Programme aufstellen, wie sie jetzt auch in Mannheim kommen sollten.
Die Argumente der Gegner der Quote sind allesamt tatsächlich unhaltbar.
Die CDU behauptet, sie sei gar nicht grundsätzlich gegen die Quote. Nur dürfe die Quote nur auf ein ganzes Quartier, nicht auf das einzelne Investorenprojekt bezogen werden. Was hieße dies? Bei großen Quartieren, z.B. der Bebauung Käfertal Süd / Spinelli mit geplanten 1.800 Wohneinheiten werden mehrere Investoren bieten, beispielsweise 10. Wie sollen Verträge mit den einzelnen Investoren abgeschlossen werden, wenn nicht jeder die Quote bringen muss? Beißen dann die letzten 2 Investoren die Quoten-Hunde? Die dürften dann gar keine nicht-preisgünstigen Wohnungen bauen, damit die Gesamtquote stimmt. Was die CDU mit einer solchen Argumentation außer Obstruktion bezweckt, ist unklar. Aber eine solche CDU-Regelung würde v.a. dazu führen, dass sich die Erfüllung der Sozialquote aufs hinterste Eck des Quartiers beschränken und dort konzentrieren würde. Damit würde – neben der Nichthandhabbarkeit in den Verhandlungen mit mehr als zwei Investoren – der Segregation Vorschub geleistet anstatt sie endlich einzudämmen.
Mit besonderer Inbrunst wird gegen Sozialquoten in einem einzelnen Gebäude polemisiert (ohnehin ein unwahrscheinlicher Fall). Bei dieser Argumentation wird schlicht bereits bestehender Praxis ignoriertt: In den 70er Jahren bauten die großen Bauträger in höheren Gebäuden bisweilen unten geförderte Sozial- und in den oberen Stockwerken frei geförderte Wohnungen ohne Preisbindung. In Großanlagen wie dem Herzogenried wurden zudem Eigentumshäuser Wand an Wand zu Sozialwohnungshäusern errichtet, und oben für besonders Zahlungskräftige auch noch Penthäuser.
Die CDU wird gemeinsam mit der FDP darüber hinaus nicht müde, grundsätzlich die Objektförderung zu kritisieren. Sie möchte stattdessen die Subjektförderung verstärken(wie sie beispielsweise im Wohngeld vorliegt). Mit der Subjektförderung wird eigentlich nur Eines erreicht: Durch öffentliche Subventionen an die Mieterinnen und Mieter sollen diese in die Lage versetzt, werden (was natürlich gar nicht klappen kann) Wohnungen zu durch die Decke stoßenden Preisen zu zahlen. Es handelt sich mithin um Beihilfe zur Mietpreisexplosion, anstatt einen Sektor zu schaffen, der preisgebunden und preisdämpfend für den ganzen Mietwohnungsmarkt wirkt.
Die FDP wird zudem nicht müde, die Quotierung als Wohnungsbaubremse zu bezeichnen. Tatsächlich aber sind die Investoren derzeit so wild auf die Errichtung von Wohnungen, dass sie auch kleine Margenkürzungen oder aber auch nur Mischkalkulationen zwischen teuren und „billigen“ Wohnungen in Kauf nehmen. Unter den Bedingungen der neuen Landeswohnraumförderung mit erheblichen Investitionskostenzuschüssen kann sich jeder Investor auch die geforderte Mietpreisreduzierung leisten und kommt trotzdem auf eine ordentliche Rendite. Es gibt ganze Wohnungsbaukonzerne, deren Geschäftsmodell aus diesem Grund regelrecht auf Sozialwohnungen spezialisiert ist.
Wie auch immer die Entscheidung am 3. Mai ausfällt: Es ist im Interesse der überwiegenden Teile der Mannheimer Bevölkerung, dass sich die Mehrheitsverhältnisse bei der nächsten Kommunalwahl wieder nach links verschieben. Sonst wird’s noch teurer.
Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE