Warum ich gute Gründe habe, am 3. Oktober zur Demo „Für Demokratie, Menschlichkeit und Rechtsstaat“ in Mannheim zu gehen

Nein, ich frage mich besser nicht als Erstes, wer da sonst noch alles da ist. Es
werden viele sein, mit denen ich mich politisch hauptsächlich und die meiste Zeit
(z.B. im Gemeinderat) fetze, meist wegen sozialer Forderungen, die ich im Sinne
einer solidarischen Gesellschaft erhebe, und die sie mehr oder weniger heftig
ablehnen. Aber ich weiß auch von vornherein, wer nicht an dieser Demonstration
teilnehmen wird. Es sind die, die 2015 meinten, es wäre richtig gewesen, notfalls
mit militärischen Mitteln die Grenzen dicht zu machen. Es sind die, die zurzeit
massenhaft die schwarz-rot-goldene Fahne auf rassistischen Demonstrationen
schwenken, von denen einige aber eigentlich lieber unter schwarz-weiß-rot
aufmarschieren würden.

Es ist vieles zu sortieren, bevor man mit dem Demo-Format am 3. Oktober
klarkommt, oder am Ende vielleicht doch nicht. Man muss grundlegende Lehren
aus der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts mobilisieren, und aus der
Geschichte der Demokratie. Und man sollte sich mit der rasanten
Entwicklungstendenz des „Rechtspopulismus“ hin zu einer dezidiert rassistisch-
völkischen gewaltbereiten Massen(?)-Bewegung auseinandersetzen, die Teile der
Mitte vor sich her treibt und nach rechts verschiebt, und die sich an ihren
Rändern gleichzeitig mit rechten terroraffinen Gruppierungen und Gewalttätern
vermischt, die Hass propagiert und Gewalt praktiziert.

Die Werte – die Republik

Sind „Demokratie“, „Menschlichkeit“ und „Rechtsstaat“ tragende Prinzipien für
die bundesrepublikanische und die europäischen Gesellschaften, oder sind sie
ausgehöhlte Skelette? Wem fallen nicht 1.000 Tatbestände ein, die diese Frage
als vollkommen gerechtfertigt erscheinen lassen und im Sinne dieser Werte
notwendig machen? Dennoch: „Demokratie“ ist kein Feudal- und kein Führer-
Staat und auch keine ungebrochen direkte formale und reale Plutokratie. Und es
gilt das Prinzip: Ein Mensch – eine Stimme.

„Menschlichkeit“ geht zumindest vom universellen Menschsein aus und teilt die
Menschheit nicht in Herren- , Unter oder gar Nicht-Menschen auf.
„Rechtstaatlichkeit“ setzt Gewaltenteilung voraus, sie lässt Menschen nicht
einfach verschwinden und ohne Prozess in Kerkern schmachten. Sie sichert den
Rechtsweg zu.

Die einen Demonstrant*innen werden diese Werte am 3.10. mehr als Anspruch
denn als Realität sehen; die anderen werden meinen: Besser geht kaum. Es ist
aber wichtig, dass diese Werte gewollt und verteidigt werden gegen diejenigen,
die diese Werte definitiv und erklärtermaßen für Teile der Gesellschaft außer Kraft
setzen wollen. Es ist wichtig, diesen Minimalkonsens gemeinsam zu artikulieren
und auf die Straße zu tragen in der Hoffnung oder Gewissheit: „Wir sind mehr“.
Diese hoffentlich bestehende Gemeinsamkeit schließt keineswegs aus, dass man
im Weiteren heftig darüber zu streiten hat, wie diese Werte mit Leben gefüllt und
Realität werden, und wie auf die Herausforderungen der globalisierten
kapitalistischen Welt zu reagieren ist. Mit Abschiebungen in Kriegsgebiete wie
Afghanistan und von in Deutschand geborenen Kindern – in den USA wären sie
dortige Staatsbürger – sicherlich nicht. Auch die Festung Europa ist indiskutabel
Wenn jedoch der gesellschaftliche Minimalkonsens nicht offensiv vertreten wird,
muss man sich über die Folgen nicht wundern. Die Weimarer Republik war besser
als das Kaiserreich mit anschließender Jahrhundertkatastrophe und erst recht
besser als das nationalsozialistische Reich mit Völkermord, Raubrieg und Ende in
Trümmern. Aber Republik mangelte es an Unterstützung für das Republikanische.
Die politischen Auseinandesetzungen wurden flankiert von jeweiligen
paramitlitärischen Einheiten. Alle gingen auf’s (auf ihr jeweiliges) Ganze. Der
Nationalsozialismus siegte.

Können wir uns nicht mal auf die Grundrechte für Jeden und Jede (Art. 1 bis 6 GG) einigen?

Es ist leider eine ausgesprochene Schwäche des Demonstrations-Aufrufs, dass er
sich hinsichtlich „Menschlichkeit“ auf diesen unspezifischen und eher emotional-
ungreifbaren Begriff beschränkt. Der Grundrechte-Katalog des Grundgesetzes
wäre eine solide Basis. Er bezieht sich in den Artikeln 1 bis 6 auf alle Menschen
im Land, nicht nur auf „Deutsche“ und Staatsbürger*innen – von der
unantastbaren Würde des Menschen bis hin zum Schutzanspruch jeder Mutter.
Und genau hier liegt die Scheidelinie zu Rechtsradikalen und Faschisten aller
Sorten: Sie verlangen die Beschränkung der Grundrechte auf einen rassisch
definierten Teil der Gesellschaft, soweit er nach „deutscher Lebensweise“ lebt.
Den Rest wollen sie verjagen. Akif Pirinçci, der gemeinsame Provokateur von AfD,
Pegida und Identitären: „8 Millionen Menschen müssen gehen“. (3sat: Die Rechte
Wende. https://www.youtube.com/watch?v=FMd6JrdxmQo Minute 53:30)
Wer am 3. Oktober zur Demonstration gegen Hass und Gewalt aufruft und sorgt
hier nicht für Klarheit, macht etwas falsch. Früher sprach man noch von
„Verfassungspatriotismus“. Jetzt soll die Demonstration mit schlichtem
Patriotismus enden, mit dem dritten Vers des „Liedes der Deutschen“. Man
möchte sich scheinbar den Patriotismus nicht streitig machen lassen.
Da wird es ebenso wie vor auch nach der Demonstration vom 3.10. viel zu
diskutieren geben.

Trotzdem werde ich mich der Demonstration anschließen und gegen Hass und
Gewalt, gegen Rassismus und für die Achtung der Menschenrechte
demonstrieren – gerne mit allen, die auch nur annähernd dieses Anliegen haben.

Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE

„Modellstadt Mannheim“ – ein bescheidener und wackeliger Aufbruch in die kommunale Mobilitätswende.

Brücke Mannheim // Bild CKI

DIE LINKE im Mannheimer Gemeinderat begrüßt, dass die Stadt Mannheim sich für das Modellstadt-Bundesprogramm zur Luftreinhaltung beworben hat und nun mit 47 Mio. Euro Bundesmitteln zum Zuge kommt – einer einmaligen Leistung für die Jahre 2019 und 2020. Genau darin liegt aber auch die Schwäche des Programms: Eine ernsthafte Reduzierung des Individuellen Motorisierten Personenverkehrs und gar des dieselgetriebenen Güterverkehrs durch die Stadt lässt sich so, ohne jegliche Planungssicherheit, nicht erzielen.

Das Umsetzungsprogramm der RNV GmbH mit Verbilligung wichtiger ÖPNV-Tarife um ca. 30% sowie der Einstieg in eine Wende des innerörtlichen Lieferverkehrs können nur ein Anfang sein. DIE LINKE hat schon immer für die Stärkung des ÖPNV und für spürbare Änderungen im Modal Split als wesentliche Stützpfeiler eine massive Preissenkung im ÖPNV und gleichzeitig eine Verdichtung des Taktes gefordert. Dies wiederum setzt erhebliche Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur voraus.

Es geht nicht nur um Stickoxide und Feinstaub!

Die Veranlassung und unmittelbare Zielsetzung des Bundesprogramms ist angesichts der eigentlich anstehenden Aufgaben jedoch blamabel und kennzeichnend für das umwelt- und verkehrspolitische Versagen der Bundesregierung. Es kann nicht nur darum gehen, wieder knapp unter die Feinstaub- und Stickoxid-Grenzwerte zu kommen. Besonders die hochverdichteten Städte ersticken am hohen Verkehrsaufkommen, welches die Cities verstopft und erstickt. Es geht dabei nicht ‚nur‘ um Stickoxide und Feinstaub – es geht um Lärmbelastung, um ständige Parkraumsuche, die oft zu Lasten schwächerer Verkehrsteilnehmer*innen entschieden wird, es gehet um das Dauerthema Staus im Pendlerverkehr. Es zeigt die ganze Konfusion des Bundes, der nun fünf Modell-Städten gute 100 Mio. Euro für zwei Jahre hinwirft, um zu gucken, was passiert. Es geht in diesem Programm um die Rettung des Dieselantriebs. Das Erfolgs- oder Nichterfolgskriterium sind lediglich die Schadstoffmesswerte und das geht an wesentlichen weiteren Kriterien vorbei. Nebenbei existieren die EU-Verordnungen, zu deren Durchsetzung die Bundesregierung jetzt gezwungen wird, schon 22 bzw. 10 ungenutzte Jahre. Derweil wurde die Dieselsubvention aufrechterhalten, wurde der Trend zu größeren und schwereren PKW in keiner Weise durch entsprechende Hebel gebremst, wurden die Mittel des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes eingefroren und die Kommunen mit ihren Infrastrukturproblemen ziemlich allein gelassen. Radwegprogramme müssen sich die Kommunen aus den Rippen schwitzen. Die Herausforderungen aber auch Chancen der neuen Mobilitätstechnologien rollen ebenfalls auf die Kommunen zu, ohne dass sie für diese gesamtgesellschaftlich wichtigen Investitionen einen verlässlichen Finanzierungsrahmen bekommen.

Fortsetzung und Ausweitung sind abzusichern.

Die Kommunen brauchen die Sicherheit, dass die Bundesunterstützung für die Mobilitätswende über 2020 hinaus weitergeht. Es kann doch nicht fraglich sein, dass mehr verkaufte – da preisgünstigere – Tickets, dass mehr Jobtickets und mehr Monatskartennutzer*innen, dass auch eine Steigerung des Verkehrsanteils der Fahrräder auf jeden Fall eiwesentliche Bestandteile für die Besserung der Verkehrs- und Lebensverhältnisse in den Städten sind. Deswegen geht die Einmaligkeit der Finanzspritze und die Beschränkung auf fünf Modellkommunen an der Sache vorbei.

Über die Mannheimer Maßnahmen muss noch diskutiert werden

Speziell für Mannheim sind nach Auffassung der LINKEN u.a. folgende Maßnahmen akut wichtig: Verdichtung der Taktzeiten v.a. auf der Linie 5 im Berufs- und Schülerverkehr und bei weiteren Buslinien. Außerdem müssen erheblich mehr infrastrukturelle Anstrengungen unternommen werden, um die Pendler- und Kundenströme aus dem Umland auf öffentliche Verkehrsträger umzulenken. Wenn der ÖPNV tatsächlich verdichtet wird, muss auch grundsätzlich über den Generalknoten Paradeplatz nachgedacht werden, der schon längst seine Kapazitätsgrenze erreicht hat. Ein weiter wichtiger Punkt ist die Frage, ob tatsächlich der Smartphone-gestützte e-Tarif zum massiven Ausbau geeignete ist oder nicht vielmehr eine Mobilitätskarte, die am Ende zu einer MannheimCard mit universellen Funktionen ausgebaut werden könnte.

Es geht auch um soziale Aspekte.

DIE LINKE fordert außerdem, dass die Vergünstigung des Green-City-Tickets (Einzelfahrschein) auch an die Bezieher*innen von Transferleistungen weitergegeben werden. Durch die Tarifpreissenkung um ca. 30% vermindert sich der Subventionsbedarf der Stadt Mannheim um ca. 50%. Das ergibt bei unverändertem Budget für das Sozialticket die Möglichkeit, 20 statt bisher nur 10 Einzeltickets pro Person und Monat auszugeben. Das Budget nun zu kürzen wäre dagegen schäbig und ‚Mobilitätswende unsozial‘.“

Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE