Veranstaltungstipp | Zukunft der Mobilität – Zehn Forderungen zur Zukunft des Stadtverkehrs

Dieselskandal, Elektroantrieb, autonomes Fahren, Verkehrskollaps. Verkehr ist auch in Mannheim ein Dauerthema. Die Rosa Luxemburg Stiftung Baden-Württemberg veranstaltet zusammen mit VCD, LIFF und Die Linke im Gemeinderat einen Vortrag von Timo Daum mit dem Titel „Zehn Forderungen zur Zukunft des Stadtverkehrs“ am 16. Juli in der Lanzkapelle auf dem Lindenhof. Eintritt frei.

Preisgünstige Wohnungen – Sozialquote – Mannheim – Jetzt!

Am 3. Mai entscheidet der Mannheimer Gemeinderat über die Umsetzung dreier wesentlicher Grundsätze des 12-Punkteprogramms für bezahlbares Wohnen in kommunales Satzungsrecht: Die Einführung der „Sozial-Quote“ von 30%, die verbilligte Abgabe von städtischen Grundstücken an Wohnungsbauträger, die mehr als 30% preisgünstigen Wohnraum schaffen und die Konzeptvergabe, die sich nach der Qualität und dem Nutzungskonzept des Bauprojektes und nicht nach dem preislichen Höchstgebot für das Baugrundstück richtet.

Im Hauptausschuss des Gemeinderats fand am 24. April die Vorberatung über die entsprechende Beschlussvorlage der Verwaltung statt (V145/2018). Der Ausschuss empfahl mit 7 zu 6 Stimmen dem Gemeinderat die Annahme der Vorlage. Die 7. Stimme stammt vom Oberbürgermeister, der bekanntlich im Gemeinderat und seinen Ausschüssen Stimmrecht hat. Für die Vorlage stimmten SPD, Grüne und Linke; dagegen CDU, ML, Bürgerfraktion und die FDP. Im Gemeinderat sind diese beiden Lager mit 23 Stimmen (links einschließlich des Einzelmitgliedes J. Ferrat) und 25 Stimmen (rechts) ausgestattet. Der OB wird selbstverständlich für die Vorlage stimmen, damit würde es 25 zu 24 Stimmen gegen die Vorlage stehen. Unberechenbar sind manche Einzelmitglieder und auch immer wieder einzelne Mitglieder der CDU-Fraktion. Es bleibt also (bei Redaktionsschluss) spannend.

Was hieße eine Ablehnung der Vorlage?

Sie wäre eine herber Rückschlag für die zarten Bemühungen der Stadt Mannheim, dem immer akuter werdenden Mangel v.a. an preisgünstigen und dabei auch an vielen kleinen Wohnungen entgegenzuwirken. Es bestünde dann ein im letzten Jahr noch knapp mehrheitlich verabschiedetes 12-Punkteprogramm, das in den wesentlichen Punkten nicht umgesetzt werden kann. Und selbst, wenn die Umsetzungsrichtlinien jetzt verabschiedet werden, ist immer noch der einzelne Grundstücksverkauf vom Gemeinderat zu beschließen. Selbst hier könnte sich bei der einzelnen Umsetzung die neue rechte Gemeinderatsmehrheit durchsetzen.

Dem „rechten Block“ ist dieser Wohnungsmangel offensichtlich gänzlich egal. Für sie geht es um die ungehinderte Anlockung von Investoren und die Fortsetzung einer Wohnungsbaupolitik, die bisher (seit Abschaffung der Sozialwohnungsbauförderung und Wohnungsgemeinnützigkeit) fast ausschließlich zur Errichtung teurer Miet- und v.a. Eigentumswohnungen geführt hat. Der rechte Block ignoriert ferner, dass fast alle Großstädte, die mit Wohnungskosten-Explosionen konfrontiert sind, genau solche Programme aufstellen, wie sie jetzt auch in Mannheim kommen sollten.

Die Argumente der Gegner der Quote sind allesamt tatsächlich unhaltbar.

Die CDU behauptet, sie sei gar nicht grundsätzlich gegen die Quote. Nur dürfe die Quote nur auf ein ganzes Quartier, nicht auf das einzelne Investorenprojekt  bezogen werden. Was hieße dies? Bei großen Quartieren, z.B. der Bebauung Käfertal Süd / Spinelli mit geplanten 1.800 Wohneinheiten werden mehrere Investoren bieten, beispielsweise 10. Wie sollen Verträge mit den einzelnen Investoren abgeschlossen werden, wenn nicht jeder die Quote bringen muss? Beißen dann die letzten 2 Investoren die Quoten-Hunde? Die dürften dann gar keine nicht-preisgünstigen Wohnungen bauen, damit die Gesamtquote stimmt. Was die CDU mit einer solchen Argumentation außer Obstruktion bezweckt, ist unklar. Aber eine solche CDU-Regelung würde v.a. dazu führen, dass sich die Erfüllung der Sozialquote aufs hinterste Eck des Quartiers beschränken und dort konzentrieren würde. Damit würde – neben der Nichthandhabbarkeit in den Verhandlungen mit mehr als zwei Investoren – der Segregation Vorschub geleistet anstatt sie endlich einzudämmen.

Mit besonderer Inbrunst wird gegen Sozialquoten in einem einzelnen Gebäude polemisiert (ohnehin ein unwahrscheinlicher Fall). Bei dieser Argumentation wird schlicht bereits bestehender Praxis ignoriertt: In den 70er Jahren bauten die großen Bauträger in höheren Gebäuden bisweilen unten geförderte Sozial- und in den oberen Stockwerken frei geförderte Wohnungen ohne Preisbindung. In Großanlagen wie dem Herzogenried wurden zudem Eigentumshäuser Wand an Wand zu Sozialwohnungshäusern errichtet, und oben für besonders Zahlungskräftige auch noch Penthäuser.

 

Die CDU wird gemeinsam mit der FDP darüber hinaus  nicht müde, grundsätzlich die Objektförderung zu kritisieren. Sie möchte stattdessen die Subjektförderung  verstärken(wie sie beispielsweise im Wohngeld vorliegt). Mit der Subjektförderung wird eigentlich nur Eines erreicht: Durch öffentliche Subventionen an die Mieterinnen und Mieter sollen diese in die Lage versetzt, werden (was natürlich gar nicht klappen kann) Wohnungen zu durch die Decke stoßenden Preisen zu zahlen. Es handelt sich mithin um Beihilfe zur Mietpreisexplosion, anstatt einen Sektor zu schaffen, der preisgebunden und preisdämpfend für den ganzen Mietwohnungsmarkt wirkt.

Die FDP wird zudem nicht müde, die Quotierung als Wohnungsbaubremse zu bezeichnen. Tatsächlich aber sind die Investoren derzeit so wild auf die Errichtung von Wohnungen, dass sie auch kleine Margenkürzungen oder aber auch nur Mischkalkulationen zwischen teuren und „billigen“ Wohnungen in Kauf nehmen. Unter den Bedingungen der neuen Landeswohnraumförderung mit erheblichen Investitionskostenzuschüssen kann sich jeder Investor auch die geforderte Mietpreisreduzierung leisten und kommt trotzdem auf eine ordentliche Rendite. Es gibt ganze Wohnungsbaukonzerne, deren Geschäftsmodell aus diesem Grund regelrecht auf Sozialwohnungen spezialisiert ist.

Wie auch immer die Entscheidung am 3. Mai ausfällt: Es ist im Interesse der überwiegenden Teile der Mannheimer Bevölkerung, dass sich die Mehrheitsverhältnisse bei der nächsten Kommunalwahl wieder nach links verschieben. Sonst wird’s noch teurer.

Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE

„Haus und Gier“ in die Schranken weisen!

„Haus und Grund“, der Gegenspieler des Mietervereins/ Deutscher Mieterbund bringt die liberal-kapitalistische Logik auf den Punkt:
Wohnungen sind Waren, dienen maximaler Profiterzielung und jegliche Regulierung habe zu unterbleiben. In jedem einzelnen Punkt ist ihm vehement zu widersprechen und sind die politischen Vertreter*innen dieser Sichtweise in die Schranken zu weisen.

Wohnungen – wie Grund und Boden – sind kein beliebig vermehrbares Gut, Wohnen ist Menschenrecht und „die Wohnungswirtschaft“ hat vor allem die Verwirklichung dieses Menschenrechts zu gewährleisten. Und da das mit den Euro-Zeichen in den Augen nicht geht, wurden in über 150 Jahren Stadtentwicklungs- und Wohnungsbau-Geschichte und als Ergebnis heftiger sozialer Kämpfe Regulierungen und Maßnahmen zum Schutz des Wohnens der breiten Massen vor nackter Profitgier eingeführt – und leider seit der „Neoliberale“ Wende auch systematisch wieder eingeschränkt und abgeschafft.

So gibt es keine Gemeinnützigkeit mehr in der Wohnungswirtschaft. Es gibt schon längst keine flächendeckende Mietpreisbindung mehr (zuletzt in Berlin 1988 abgeschafft), ebenso wurde der soziale Wohnungsbau systematisch zur Strecke gebracht. Was es noch gibt, sind nicht (primär) profitorientierte Wohnungsbau- und vermietungsträger wie kommunale Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und z.B. das Mietshäusersyndikat. Und es gibt immer noch viele private Hauseigentümer, die den Mieter*innen nur bezahlbare Mieten abverlangen und nicht nehmen, was sie in Zeiten angespannten Wohnungsmarktes kriegen können.

Der Mietspiegel bildet – was DIE LINKE schon immer kritisiert – nicht den gesamten Querschnitt des Mietwohnungsmarktes (Bestandsmieten) ab, sondern nur die Mieten, die innerhalb der letzten vier Jahre erhöht wurden. Die paar Sozialwohnungen, die es noch gibt, sind ausdrücklich ausgenommen. Nun regt sich Haus und Grund auf, dass in Mannheim die GBG-Mieten (ca. 19.000 Wohneinheiten) mit ihrem fast durchweg unter Mietspiegel liegenden Niveau die Preise „verderben“.

In Wirklichkeit ist bei der Mietspiegelerrechnung der GBG-Anteil künstlich runtergerechnet worden.

Dass CDU und ML gleich angesichts der Klage von Haus und Grund dagegen, dass die GBG-Mieten überhaupt in den Mietspiegel einfließen,  „Gelassenheit“  oder sogar Zustimmung äußern, macht deutlich: Der politische Kampf für soziale Mieten muss breit und entschieden geführt werden.

Nächste Station ist die Umsetzung des 12-Punkteprogramms in Mannheim. Hier sind die Blockaden des Rechtsblocks schon in die Verwaltungsvorlage eingearbeitet. Entscheidung hierüber im Gemeinderat am 3. Mai 2018. Hier muss Flagge gezeigt werden. Z.B. müssen die Non-Profit-Bauträger deutlich bevorzugt werden. Das fehlt in der Vorlage! Und die städtischen Gesellschaften MWSP und GBG müssen in die Umsetzung verbindlich einbezogen werden. Auch das fehlt.

Thomas Trüper

Doppelhaushalt der Stadt Mannheim 2019/2020 verabschiedet – Schwierige Verhandlungen im Zeichen wechselnder Mehrheiten

Welchen Beitrag leistet der Haushalt für eine sozialere Stadt?
100 Mio. EUR werden in Schulen investiert, 21 Kinderkrippen- und 27,5 Kindergartengruppen werden neu eingerichtet. Für die Kindergartenjahre 1 und 2 werden gegen den Widerstand des Oberbürgermeisters die Gebühren um den Anteil der sog. „Regel-„Versorgung reduziert als Beitrag auf dem Weg zur vollkommenen Freistellung von Kindergartengebühren. Die Schulsozialarbeit wird jährlich um 3,5 Stellen erweitert – 50% mehr als geplant. Im Rahmen des Bäderkonzepts wird ein neues Kombi-Bad für Schulen und öffentliches Schwimmen neben das Herzogenried-Freibad gebaut.

Das Mannheimer Sozialticket (10 Fahrten pro Person und Monat für 1 Euro) wird auf 530.000 Euro um 100.000 Euro aufgestockt. Damit soll das Budget auch nach den Fahrpreiserhöhungen des VRN jeweils für ein ganzes Jahr reichen. DIE LNKE konnte sich mit ihrem Antrag, endlich ein Monats-Sozialticket einzuführen (ca. 3 Mio. Euro) nicht durchsetzen. Vor allem aber wurde der Antrag von FDP und CDU, das Sozialticket überhaupt abzuschaffen, abgewehrt.

Beiträge aus dem Stadthaushalt für mehr preisgünstige Wohnungen, als sie auf Benjamin-Franklin-Village von der GBG und wenigen anderen Investoren geplant sind? Fehlanzeige. Auch hier scheiterte DIE LINKE mit einem bescheidenen Antrag zur Errichtung eines revolvierenden Starthilfe-Fonds für gemeinschaftliche Wohnprojekte in Gründung ebenso wie mit einem Antrag zur Errichtung eines Grundstücksfonds für Non-Profit-Bauträger.

Völlig unnötig werden im Jahr 2018 800.000 Euro verballert, damit die „intelligente“ Videoüberwachung Am Plank-Kopf, in der Breiten Straße und am  Alten Messplatz für die Polizei installiert werden kann.

DIE LINKE hat dem Haushalt dennoch zugestimmt, im Gegensatz zur Mannheimer Liste / Freie Wähler,  zur Bürgerfraktion (gegenwärtiger Name der einstigen AfD),  zur FDP, NPD und Familienpartei. Diese Parteien – soweit sie sich überhaupt zu finanzpolitischen Themen äußern, sind glühende Anhänger des Neuverschuldungsverbotes (was sie mit der CDU eint) und lamentieren gleichzeitig über Schattenhaushalte in städtischen Beteiligungen (z.B. Klinikum, MWSP Konversionsgesellschaft, GBG, BBS Schulen-Bau- und Betriebsgesellschaft etc). Was wollen sie also letzten Endes? Sie wollen entweder die kommunalen Aufgaben nicht mehr erfüllen, die über die kommunalen Gesellschaften abgewickelt werden, oder aber diese Gesellschaften verkaufen. Hier besteht ein Fundamentalgegensatz zur Linken. Die Zustimmung zu oder Ablehnung von Haushalten ist mehr als die Bewertung einzelner Elemente oder (nicht) erfüllter Forderungen.

Was bisher noch einigermaßen übersichtlich erscheint ist das Ergebnis einer unübersichtlichen „Koalitionen“-Landschaft: Der ursprüngliche Antrag zur Senkung der Kindergartengebühren kam von der CDU – LINKE und SPD griffen diese Volte auf. Die Grünen wollten genau die über das Regelangebot hinausgehenden Gebühren, und nicht die Regelangebots-Gebühren erlassen. (Eigentlich sind Kita-Gebührenbefreiungen Ländersache. Die grün-schwarze Landesregierung macht jedoch ebenso wenig Anstalten, sich in diese Richtung zu bewegen, wie die grün-rote Vorgängerregierung.) Das JUZ – von der in dieser Frage nicht geschlossen agierenden CDU bedroht, wird von SPD, Grünen, LINKEN, FDP,  ML und CDU-Abweichlern gerettet. Die Videoüberwachung wird von CDU und SPD unterstützt, von Grünen, Linken und FDP erfolglos bekämpft. Soziale Forderungen wie der Grundstücksfonds oder der revolvierende Starter-Fonds für gemeinschaftliche Wohngruppen können von LINKEN, SPD und Grünen gemeinsam nicht durchgesetzt werden. Das klappt bei anderen Themen nur, wenn da und dort die ML hilft oder auch mal der Vertreter der Familienpartei, vorausgesetzt, von der CDU sind gerade Stadträt*innen nicht im Raum. Und vor der Zustimmung durch die NPD ist keine einzige Partei im Gemeinderat sicher (in keinem Fall bisher jedoch entscheidend).

Man könnte das Ganze als „Regieren mit einer Minderheitsregierung“ nennen. Die ehemals einigermaßen wohlsortieren Lager im Mannheimer Gemeinderat sind faktisch einem Durcheinander gewichen. Die hauchdünne Mehrheit der Parteien „links von rechts“ ist durch einen Fraktionswechsel nicht einfach umgekippt, sondern man stimmt „volatil“ ab. Populistische und verzweifelt nach Profilierung in diesem Durcheinander suchende Initiativen einzelner Parteien sorgen für Überraschungen. – Dieser Doppelhaushalt war der letzte des amtierenden Gemeinderats. Der nächste Haushalt wird von dem 2019 zu wählenden Gemeinderat zu verabschieden sein. Man darf gespannt sein!

Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE

Die Luft für Investitionen darf nicht die Luft zum Atmen nehmen!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister und Damen und Herren Bürgermeister
liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Mannheim und ihrer Gesellschaften, sehr geehrte Einwohnerinnen und Einwohner dieser Stadt und Vertreter der Medien

Wir führen die Etatberatungen 2018/2019 in dem von dem Großprojekt SHM² gesetzten Rahmen durch: Priorisierung von Aufgaben und entsprechend Marginalisierung anderer Aufgaben, Rationalisierung von Arbeitsabläufen, pauschale Kürzungen. Ziel ist es, eine prognostizierte Schwächung künftiger Ergebnishaushalte abzuwenden, um so ein Investitionsniveau von 100 Mio. EUR langfristig aufrechterhalten zu können.

Damit soll der fürwahr enorme Investitionsbedarf der Stadt Mannheim finanziert werden können: Ca. 1 Mrd. Euro in zehn Jahren. Auf diesem Rahmen liegt ein Deckel: Die Null-Netto-Neuverschuldung, die sich der Gemeinderat vor neun Jahren selbst verordnet
hatte. Niemand kann ernsthaft etwas gegen die ständige Optimierung des
Verwaltungshandelns einwenden, auch nicht gegen eine fortwährende
Aufgabenkritik; erst recht nicht gegen eine wirkungsorientierte Steuerung der
Verwaltung. Verquere Finanzdoktrin mit Null-Netto-Neuverschuldung: Privater Reichtum,
öffentliche Armut Und dennoch stimmt an diesem gedeckelten Rahmen einiges nicht: Er geht in Zeiten sprudelnder Steuerquellen davon aus, dass Investitionen in Gebäude
und Infrastrukturen von langer Lebensdauer grundsätzlich cash zu bezahlen
seien, aus Haushaltsüberschüssen des Ergebnishaushalts und aus Rücklagen.
Wir sprechen hier von nachholenden Investitionen und Sanierungen, die in
vergangenen Zeiten unterlassen wurden. Wir sprechen auch von Investitionen,
mit denen wir seit ein paar Jahren und auch noch zukünftig einzahlen in die
Bausünden der 70er und 80er Jahre: Ersatz für regelrechte Wegewerfgebäude:
Stocké-Schulen, Technisches Rathaus, einen in der Planungsphase bis zur Untauglichkeit zurechtgesparten Mitzlaff-Bau, und ein dysfuktionales N1-Gebäude, in dem wir gerade sitzen. Wir zahlen ein in lange Zeit unterlassene Schulsanierungen, Straßen- und Brückensanierungen. Und wenn wir uns gerade sehr mit dem Klinikum befassen müssen, dann ebenfalls mit den Folgen unterlassener Sanierungen. Schon längst müsste ein Haus 2 stehen, um einigermaßen wirtschaftlich im Klinikum arbeiten zu können. Wir fahren jetzt die Ernte einer jahrzentelangen Finanzdoktrin die volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich Unfug war und ist. Sie steht unter dem Leitbild des „schlanken Staates“ und der auf Teufel komm raus zu drückenden Staatsquote, der Pflege des privaten Reichtums und Verschärfung der öffentlichen Armut. Erstaunlich nur, dass dieselben politische Kräfte, die die massive Schädigung des öffentlichen Eigentums herbeigeführt haben (zum Beispiel durch einen 10 Jahre lang reduzierten Gewerbesteuerhebesatz), sich
am lautstärksten über die Folgen ihrer Politik beschweren und gerade so
weitermachen möchten wie bisher.

Kreditfinanzierung langlebiger Investitionen
Langlebige Wirtschaftsgüter werden vernünftigerweise über langfristige Darlehen refinanziert. Das kommunale Kanalsystem hat Abschreibungszeiten von teilweise 70 Jahren. So lange reicht kein Darlehensvertrag. Deswegen haben wir bei der Stadtentwässerung jetzt das Phänomen von Kredidtaufnahme für nicht gedeckte Abschreibungen. Inzwischen sind auf dem Kreditmarkt jedoch Darlehen mit 30 Jahren Zinsbindung zumindest für öffentliche Kreditnehmer möglich. Am Ende muss der Kommunalhaushalt Zinsen und Tilgungen tragen können, aber er muss nicht innerhalb drei, vier Jahre die kompletten Investitionen tragen können. Deswegen ist es z.B. auch mehr als vernünftig, die Umstellung der LED-Straßenbeleuchtung teilweise wie ursprünglich von der Verwaltung in V304/2017 vorgeschlagen, über eine rentierliche Neukreditaufnahme zu finanzieren. Ein Muss ist dies, wenn man z.B. dadurch die für die Sanierung des Klinikums erforderliche Liquidität schonen kann. Im Übrigen ist schon in den vergangenen Jahren das Investitionsprogramm mehr und mehr auf kommunale privatrechtliche Gesellschaften übertragen worden, die dann ganz normal Darlehen aufnehmen, nicht ohne dass die Stadt inzwischen für eine halbe Mrd. EUR bürgt und dann mietet oder Betriebskostenzuschüsse zahlt. Dies ist gegenüber der Darlehensaufnahme
über die Kommune selbst etwas umständlicher, aber machbar. Die Rote Linie ist für DIE LINKE dort zu ziehen, wo die städtischen Gesellschaften ganz oder teilweise privatisiert werden.

Eine besondere Blüte der falschen Finanzierungsdoktrin war die Errichtung des
Gebäudes der Abendakademie im Rahmen einer echten Public-Private-
Partnership. Die Abendakademie muss 30 Jahre lang eine zu hohe Miete an den
Privatinvestor zahlen ohne in den Besitz des Gebäudes zu kommen, die Stadt
zahlt 2,4 Millionen Euro Betriebskostenzuschuss. Die Kurse sind in der Regel
nicht eben preiswert und die Bezahlung der Dozent*innen schlecht.

Pro-Kopf-Vermögen
Wir erhielten in der Haushaltsrede der CDU-Fraktion die Schreckensmeldung,
dass das jüngste Gemeinderatsmitglied schon nach dem ersten Schrei droht,
von 1.658 EUR Prokopfverschuldung der Kämmerei aufgefressen zu werden. In
Wirklichkeit kommt es noch viel schlimmer: Die Gesamt-Prokopfverschuldung
des sog. „Konzerns“ Mannheim beträgt ca. 7.400 Euro. Die gute Nachricht: Das
Baby ruht qua Bürger der Stadt auf einem Anteilsschein am städtischen
Gesamtvermögen von ca. 16.400 Euro.
Ernsthaft: Wer immer nur von der Verschuldung redet, versündigt sich an der
Demokratie. Denn es muss den Bürgerinnen und Bürgern Mannheims klar sein,
dass sie quasi eine Eigentümergemeinschaft am städtischen Vermögen sind
und dass dieses vermittels des demokratisch gewählten Gemeinderats
verwaltet, gestaltet und gemehrt wird, dass daher Jede und Jeder Grund hat,
sich an der Kommunalwahl zu beteiligen.
Unser Dissens zu der dem Haushaltsentwurf zugrunde gelegten Finanzpolitik:
Wir anerkennen den hohen aktuellen und künftigen Investitionsbedarf, und
dass man diesem Bedarf Luft verschaffen muss. Aber das darf und muss vor
allem nicht dazu führen, dass wichtigen Teilen des kommunalen Lebens die Luft
zum Atmen abgeschnitten wird.

„Priorisierung“ nicht Neues
Und diesen Fehler sehen wir in einem uralten Konzept mit neuem Namen:
„Priorisierung“ von Aufgaben. Der Gemeinderat priorisiert schon geraume Zeit
bestimmte Aufgaben, z.B. die Bildung – vollkommen zu Recht. Aber wenn nun
statt der Gießkanne (die für viele Zuschussempfänger seit Jahren ohnehin
eingetrocknet war) auf den nicht priorisierten Flächen der Rasenmäher zum
Einsatz kommt, ist der Flurschaden groß: Sehr viele Institutionen und
Initiativen, die überwiegend durch ehrenamtliche Arbeit am Leben gehalten
werden und die teilweise auch Personal beschäftigen, bekommen ein ganz
schlechtes Signal über die Anerkennung ihrer Arbeit. Statt die professionelle
Arbeit an Tarifbedingungen anzugleichen, wird sie weiter davon entfernt oder
reduziert. Mannheim stünde sehr schlecht da, wenn diese sog. „Dritten“ ihre
Tätigkeit einstellen würden.

Mit den großen Wohlfahrtsverbänden, die sicher ebenso wie die
Stadtverwaltung Optimierungsmöglichkeiten haben, wären entsprechende
Gespräche zu führen, wie ohne Leistungsverminderung und zusätzliche
Belastung des Personals intelligente Einsparungen realisiert werden können.
DIE LINKE wird die Priorisierungsvorlage ablehnen. Wir werden nicht über die
Kürzung des Zuschusses an den „Runden Tisch Hospiz“ um 10 Euro reden,
während gleichzeitig 78,6 Mio. „Rückstellungen im Rahmen von
Steuerschuldverhältnissen“, verbucht werden müssen, sprich wegen
Streitigkeiten mit Gewerbesteuerzahlern, die ihre Wertschöpfung in Mannheim
gerne anders interpretieren wollen. Dass dabei auch Namen aus den Paradise-
Papers auftauchen, setzt dem Ganzen die Krone auf. Hier geht es wieder um
privaten Reichtum und öffentliche Armut.

Armutsbekämpfung braucht höhere Priorität
A propos Priorisierung: Eines der deklarierten strategischen Handlungsfelder ist
das Handlungsfeld 3, zugleich das erste der 17 Habitat-Ziele: Bekämpfung von
Armut und Armutsrisiken. Das begrüßen wir sehr. Darunter finden wir konkret
jedoch nur zwei Ansatzpunkte:

1.) „Bildungs- und Teilhabemaßnahmen sind allen Kindern zugänglich.
Insbesondere schwierige finanzielle und soziale Rahmenbedingungen stellen
kein Hindernis dar.“ Als Ziel gut formuliert, jedoch zu schwach ausgelegt. Wenn
Mutter oder Vater eines der 20% Mannheimer Kinder, die von Armut bedroht
sind, mit der Straßenbahn zu einem vom Familienpass geförderten Angebot
begleitet und unterwegs aussteigen muss, weil Kontrolleure die Bahn betreten,
dann stimmt etwas nicht. Wir beantragen daher, dass endlich das
Monatssozialticket eingeführt wird. Wir können nicht bis zum St.
Nimmerleinstag warten, an dem die Landesregierung endlich ein
Landessozialticket ermöglicht. Unsere Forderung ist teuer, aber es können
nicht 20.000 Menschen faktisch in ihrem Stadtteil festgesetzt und von jeglicher
Teilhabe abgeschnitten werden.
2.) Das Ziel: „Mannheim verbessert die Sozialstruktur und nähert sich dem
Durchschnitt in Baden-Württemberg an“ klingt gut, darf aber nicht auf
Verdrängung hinauslaufen, und die ist schon schleichend im Gange: Wenn die
Mieten hier zu hoch sind (selbst für mittelmäßig Verdienende) und auch noch
die Kindergartengebühren bleiben wie sie sind oder gar steigen, werden
Menschen faktisch gezwungen, ihr Heil in Ludwigshafen oder den pfälzischen
und hessischen Landkreisen zu suchen. Wenn anstelle bezahlbarer
Neubauwohnungen „individuell gestaltete Einfamilienhäuschen“ in den Fokus
genommen werden, „bessert“ sich vielleicht die Sozialstruktur, jedoch auf
Kosten Mannheimer Bürgerinnen und Bürger.

Nachdem auf einmal die CDU ihr Herz entdeckt hat für die Abschaffung der
Gebühren für den sog. „Regelkindergarten“ (der schon lange keine Regel,
sondern eher die Ausnahme ist), werden wir nicht zögern diesen ganz
grundsätzlich richtigen Weg in Richtung gebührenfreier Bildung von der Krippe
bis zur Uni zu unterstützen. Vor zwei Jahren hat die CDU noch der
Gebührenerhöhung zugestimmt.
Für den Kernhaushalt ist preisgünstiges Wohnen kaum ein Thema
Im ganzen Haushalt finden sich gerade mal 250.000 Euro Förderung des
Mietwohnungsbaus. Wir schlagen vor, einen revolvierenden Fonds als Starthilfe
für gemeinschaftliche Wohnprojekte einzurichten. Und wir schlagen einen
Fonds von 1,5 Mio. EUR vor, aus dem die Verwaltung Flächen für preiswerten
und geförderten Wohnungsbau erwerben kann als ein Element der sozial
gerechten Bodennutzung und -Vorhaltung.

Die avisierte Armutsbekämpfung durch Erhöhung der Betreuungsquote in den
Sozialräumen 4 und 5 unterstützen wir natürlich und beantragen zusätzliche
Schulsozialarbeiter*innen in diesen Bereichen.

Subjektives Unsicherheitsempfinden

Noch ein Wort zum angeschlagenen subjektiven Sicherheitsempfinden der
Bevölkerung: Wir müssen es selbstverständlich ernst nehmen. Gerade
deswegen verbieten sich nach unserer Auffassung aufwändige technische
Maßnahmen wie die „intelligente Video-Überwachung“ auf den Planken, der
Breiten Straße und dem Alten Messplatz. Sie stellt einen massiven Eingriff in
die informationelle Selbstbestimmung dar, bringt aber wesentlich weniger als
Polizei auf der Straße. Die 800.000 Euro Zuschuss an das Land sollten wir uns
sparen. Davon abgesehen ist es ein Geldfluss in die falsche Richtung.

Und Übrigens: JUZ bleibt!

Meine Damen und Herren,
Lassen Sie mich abschließend wieder allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
der Stadt Mannheim und ihrer Gesellschaften Dank sagen für die in den
vergangenen zwei Jahren geleistete Arbeit.
Ein zusätzlicher Dank gilt all jenen, die an der Erstellung des Haushaltswerkes
mitgewirkt haben. In diesem Zusammenhang auch ein spezieller Dank für die
ausgezeichnete Begleitung des Beteiligungshaushalts.
Ich wünsche uns sachliche und für die Menschen in der Stadt Mannheim
hilfreiche, nutzvolle und voranbringende Etatberatungen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Thomas Trüper

Klinikum: Nur heiße Luft von CDU und ML

Auf der gestrigen von der CDU geforderten Sondersitzung des Gemeinderats konnte die staunende Öffentlichkeit, darunter viele Beschäftigte des Klinikums und Vertreter*innen des überbetrieblichen Solikomitees, erleben, wie eine Populismus-Blase von CDU und ML in sich zusammenfiel. Nachdem die beiden Parteien in der Presse der Geschäftsführung schon halbwegs das Vertrauen entzogen und dem Aufsichtsratsvorsitzenden OB Kurz schwerste Faktenunterschlagung vorgeworfen  und es offen gehalten hatten, ob sie das Klinikum als kommunale Einrichtung weiter unterstützen, dann dies: Sie beeilten sich zu beteuern, dass niemand an Privatisierung denke und dass man die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung stellen müsse. Dass beide Parteien im Aufsichtsrat sitzen und sich trotzdem schlecht informiert fühlen reduzierte sich am Ende auf den Streit, wer zu welcher Uhrzeit wen und wie informierte.
An der Grundproblematik änderte dieses Theater überhaupt nichts. Und diese Grundproblematik besteht –  darauf wies auch der Oberbürgermeister hin –  in einer politisch auf Bundes- und Landesebene herbeigeführten katastrophalen Krankenhausfinanzierung. Ein Drittel aller Kliniken sind defizitär, 10% ausgeglichen. Die meisten sind hoch verschuldet. Das Mannheimer Klinikum hatte bis zum Crash des „Hygiene-Skandals“ sogar Überschüsse und Rücklagen. Aber genau dieser auf den Knochen der Beschäftigten erzielte „Erfolg“, den gerade CDU und ML immer priesen, war vergiftet: Unterlassene Sanierungen und Investitionen, Qualitätsmängel.
Klinikums-Betriebsratsvorsitzender Ralf Heller hatte neben der Geschäftsleitung ebenfalls Rederecht. Er nutzte es, um in aller Dringlichkeit darauf hinzuweisen, dass die Belegschaft am limit arbeitet, und dass in anderen Häusern, sogar in einer katholischen Klinik, inzwischen mit der Forderung nach mehr Personal gestreikt wird.
DIE LINKE kritisierte ebenfalls die Krankenhausfinanzierung samt Personalkosten-Deckelung, warnte vor Sanierung auf Kosten des Personals und plädierte für Mindestbesetzungsschlüssel im Pflegebereich. Sie unterstützt die für die weitere Sanierung notwendigen Finanzmaßnahmen der Stadt Mannheim.
Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE

Artikel im MM  – Leider nicht frei abrufbar!

Der neoliberale Null-Netto-Neuverschuldungs-Fetisch

Vom Säugling, der schon in der Wiege erdrückt wird

Bei jeder Haushaltsberatung gibt es einen Sängerwettstreit von CDU, den Freien Wählern / Mannheimer Liste und der FDP, wer den fetischartigen Widersinn zwischen der Forderung nach Null-Netto-Neuverschuldung und Schuldenabbau bei gleichzeitigen Investitionen und Steuersenkungen am flottesten zelebrieren kann. Meistens gewinnt die ML. In diesem Jahr gebührt der CDU diese Ehre. Fraktionsvorsitzender Claudius Kranz schafft es, seine Haushaltrede um den Säugling der in den Gemeinderat nachgerückten Mannheimer JU-Vorsitzenden Katharina Dörr, seine Ansprüche und seine gewünschte künftige Entwicklung zu ranken.

Dabei widerfährt dem armen Säugling gleich nach der Geburt großes Unheil: „Ein im Jahr 2017 geborenes Kind hat bereits mit seiner Geburt Kämmereischulden der Stadt Mannheim in Höhe von 1.632,10 € geerbt. Das Ziel einer vernünftigen Politik muss es sein diese Verschuldung nicht auf- sondern abzubauen.“

Kampf den Reihenhäusern (und erst recht dem Geschoßbau), vorwärts mit Einfamilienhäusern!

Wie soll das aber geschehen angesichts des oben beschriebenen Fetischs? Gewerbe- und Grundsteuersätze sollten ja am besten abgesenkt werden. Und doch muss irgendwoher die Kohle kommen. Und da hat die Junge Union eine zündende Idee in ihrem Manifest „Mannheim 2025 – sauber, sicher, finanzstark“: Der Kommunale Anteil an der Einkommensteuer soll es richten: „Während das Einkommensniveau in wirtschaftlichen Zentren wie Mannheim oftmals verhältnismäßig hoch ist, weist jedoch oft vor allem das Umland eine überdurchschnittliche Einkommensteuerhöhe je Einwohner auf. Hier zeigt sich die verfehlte Wohnungsbaupolitik der Stadt Mannheim. Ein Fokus auf sozialem Wohnungsbau in Kombination mit nicht vorhandenen Neubaugebieten, strengen Auflagen und kleinen, aber teuren Grundstücken führte dazu, dass sich Besserverdiener und junge Familie oftmals außerhalb der Mannheimer Stadtgrenzen den Traum vom Eigenheim erfüllen. Diesen Trend gilt es, auch mit Blick auf steigende Sozialausgaben, zu stoppen. Die Schaffung hochwertigen Wohnraums, Einfamilienhäuser anstelle von Reihenhäusern oder die Ausweisung großzügiger Grundstücke muss endlich Priorität haben.“ (https://www.ju-mannheim.de/mannheim-2025-sauber-sicher-finanzstark/).

Man mag dies für jugendlichen Ungestüm halten. Aber genau so positioniert sich unter Führung des gerade erst der JU entschlüpften Jung-MdB Nikolas Löbel der CDU-Kreisverband samt Gemeinderatsfraktion. Eine der letzten großen Wohnungsbauflächen am Rande des Konversionsgebietes Spinelli / Käfertal Süd soll genau in diesem Sinne belegt werden. Deswegen greift die CDU vehement die gerade erst mit knapper Mehrheit vom Gemeinderat beschlossene Sozialquote an. Sie dürfe auf keinen Fall für dieses Gebiet gelten. Wenn dann möglichst viele finanziell schlecht gestellte Mannheimerinnen und Mannheimer, die die hier herrschenden Mieten nicht mehr zahlen können, aufs Land ziehen, ist man endlich unter sich, die Sozialausgaben fallen und die Einkommensteuer steigt. Passt! Die Wohlhabenderen sollen die Ärmeren verdrängen – Sozialdarwinismus pur.

Eigentlich ist jedes neugeborene Kind reich!

Schauen wir noch einmal in die Wiege des Neugeborenen: Die CDU hat nicht genau hingeschaut. Das Kind liegt auf einem beträchtlichen Vermögensanteil. Aus den Zahlen des Kämmerers beträgt das Prokopfvermögen der ca. 330.000 Mannheimer*innen ca. 16.600 Euro, die Prokopfverschuldung ca. 7.400 Euro (siehe Grafik „Verbindlichkeiten zum Anlagevermögen“: „Gesamt“). Das Verhältnis ist nicht schlecht! Wenn das Kind groß ist, kann es über demokratische Wahlen (aktiv und passiv) und über „Bürger*innenbeteiligung“ an der weiteren Verwaltung und Gestaltung des kommunalen Vermögens teilhaben.

Das kommunale Vermögen konzentriert sich außerhalb der Direktverwaltung durch den Gemeinderat in Eigenbetrieben und kommunalen Gesellschaften

Wie man der zweiten Grafik entnehmen kann (beide aus der aktuellen Haushaltesrede des Kämmerers), verfügt „die Stadt“ (jeweils linke Säule) mit ihrem „Kernhaushalt“ nur noch über 48% des kommunalen Gesamtvermögens. Die Mehrheit liegt in den Eigenbetrieben (mittlere Säulen) und in den kommunalen Beteiligungen (rechte Säulen). Diese Beteiligungen sind in Mannheim in der Regel noch im rein kommunalen Eigentum, bis auf die MVV Energie AG, an der die Stadt nur noch 50,1% hält. Die Beteiligungen werden nur indirekt durch gemeinderätliche Aufsichtsräte kontrolliert. Fast alle Versorgungs- und Zukunftsaufgaben der Stadt laufen über Beteiligungen und Eigenbetriebe: Energie, Wasser, Abwasser, Wohnen, Schulgebäude, Konversion, Kultur, Klinikum. An der Gesamtverschuldung der Kommune tragen diese Gesellschaften und Eigenbetriebe 75%. Und hier werden – wie soll es auch anders sein – die notwendigen Investitionen mit Krediten finanziert. Die Stadt bürgt für die meisten dieser Kredite. Inzwischen belaufen sich die Bürgschaften der Stadt Mannheim auf über eine halbe Milliarde Euro. So viel zur Null-Netto-Neuverschuldung, dem Fetisch der Neoliberalen kommunalen Finanzpolitik. Wenn die Kommunen entlastet und entschuldet werden sollen, bedarf es einer grundlegenden Rückverteilung von privaten Großvermögen auf den öffentlichen Sektor. Davon lenkt das Verschuldungsgeschwätz ab.

Noch ein Wort zum eingangs erwähnten Sängerwettstreit: Die „Absurde Stimmgabel“ gehört wahrscheinlich doch der ML verliehen, denn sie jammert in ihrer Haushaltsrede, nachdem die Höhe der Steuern beklagt und die Verschuldung des Kernhaushalts verdammt wurde, über einen „Schattenhaushalt“:  „Zur Verschuldung hinzuzurechnen ist der nicht näher bezifferte Sanierungsstau in unserer Stadt. Hier weiß die Verwaltung keinen anderen Weg als über Schattenhaushalte die Finanzierung großer Investitionsvorhaben über ihre städtischen Gesellschaften abzuwickeln. Zu nennen sind hier der Neubau des Technischen Rathauses (GBG), Marchivum (GBG), Grundschule auf Franklin (MWSP), Grünhof (GBG) und die neusten Pläne zum Bau der Stadtbibliothek (Parkhausbetriebe). Der Öffentlichkeit und den Handelnden muss dabei bewusst sein, dass letztlich steigende Mietaufwendungen die Belastung zukünftiger Haushalte, die unserer Kinder und Enkel, enorm erhöhen wird.“ Wie wahr: Statt Miete an eigene Gesellschaften zu zahlen könnte die Stadt auch gleich selber das momentan billige Geld aufnehmen und dann über einen längeren Zeitraum tilgen. Da sind wir wieder beim „Null-Netto-Neuverschuldungsverbot“.

Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE

Gemeinderatsitzung – heute

Folgende Punkte stehen heute u.a. auf der Tagesordung

1 Haushaltsplan und Haushaltssatzung für die Haushaltsjahre 2018/2019

Etatreden der Fraktionsvorsitzenden
Gemeinderatsfraktion der SPD
Gemeinderatsfraktion der CDU
Gemeinderatsfraktion der Grünen
Gemeinderatsfraktion der Freien Wähler ML

… und die Bereitstellung unserer Bezirksbeiräte, Glückwunsch an die Beiden!

4.1 * Bestellung von Bezirksbeiräten; Hier: Herr Benjamin Reinhard, Schönau
4.2 * Bestellung von Bezirksbeiräten Hier: Herrn Jürgen Heckmann, Friedrichsfeld

 

Alle öffentlichen Tagesordnungspunkte findet Ihr hier .

 

Armutsbekämpfung – ein städtisches Ziel. Aber wie?

Überlegungen zu den Haushaltsberatungen
Man sollte es nicht glauben, aber Armutsbekämpfung spielt in der Haushaltsrede
des Oberbürgermeisters durchaus eine Rolle. Sie findet sich unter den sieben
definierten Schwerpunkten (priorisierte Handlungsfelder) der nächsten zwei
Jahre, als da wären:

Die von uns priorisierten Handlungsfelder sind:

1. Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum steigern
2. Demokratie stärken
3. Bekämpfung von Armut und Armutsrisiken
4. Schaffung von attraktivem Wohnraum
5. Ausbau des Umweltverbunds
6. Mannheim als Innovations- und Gründerstadt stärken
7. Digitalisierung

Die Punkte 3 und 4 passen gut zusammen. Punkt 4 ist hinterlegt mit dem hier schön  häufiger besprochenen 12-Punkte-Programm zum preisgünstigen Wohnen.
Wie aber sieht es mit Punkt 3 aus?
Der OB stellt zunächst vollkommen richtig fest: „Für Städte wie Mannheim ist
Ausgrenzung durch Armut und/oder ihre Folgen eine der bedeutendsten
Herausforderungen, die Alltagserfahrung und Zukunft der Stadt mit entscheiden.
Die Entwicklungen hängen hier entscheidend von bundespolitischem Handeln
oder Nicht-Handeln und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Kommunale
Strategien haben einen eher langfristigen Charakter.“ (S. 25)

Im Vorbericht zum Doppelhaushalt findet sich das Handlungsfeld 3 in
eingedampfter Weise:
„Bildungs- und Teilhabemaßnahmen sind allen Kindern zugänglich. Insbesondere
schwierige finanzielle und soziale Rahmenbedingungen stellen kein Hindernis dar.
Mannheim verbessert die Sozialstruktur und nähert sich dem Durchschnitt in
Baden-Württemberg an.“ (Diese Feststellungen sind wohlgemerkt keine
Zustandsbeschreibungen sondern entsprechen der Form, in der alle städtischen
Leistungs- und Wirkungsziele festgeschrieben werden).
„Ziele:
  •  Armutsbekämpfung durch Erhöhung der Betreuungsquote in den Sozialräumen 4 und 5.
  • Armutsbekämpfung in der Neckarstadt West und der Hochstätt.“(Doppelhaushalt 2018/19, Vorbericht, Seite V 24).
Es geht also zunächst einmal um Forcierung der Bildungsgerechtigkeit, um Armut
in Folge von Bildungsarmut zu bekämpfen. Ein Hebel soll die Sicherstellung der
Tagesbetreuung für Kinder bis Schuleintritt sein, sowie ein Entwicklungsplan
Bildung und Integration. 21 neue Krippen- und 27,5 Kindergartengruppen sind
geplant.
Was aber ist mit all den Menschen, die hier und heute in Armut, Bildungsarmut,
oft mit gesundheitlichen Problemen leben, die durch Handicaps benachteiligt
sind, die trotz Erwerbstätigkeit in Armut leben, die weder an Kultur, Sport,
Bildung, politischer Gestaltung teilhaben können? Die auf ihren Kietz beschränkt
leben müssen, weil sie auch mobilitätsarm sind? Gute 10% der Mannheimer
Bevölkerung leben von Mindestsicherungsmaßnahmen nach den diversen
Sozialgesetzbüchern. Weitere 10% dürften einkommensmäßig knapp darüber
liegen und sind ebenso von Armut betroffen.
Hier ruft der OB vollkommen berechtigt zunächst nach Erhöhung der
Eingliederungsmittel für Langzeitarbeitslose, unter denen sich zunehmend
Zuwander*innen aus Südosteuropa und anerkannte Geflüchtete finden.
Sprachbildung und Qualifizierung sollen gefördert werden.
Ein altes Thema ist die notorische Zufriedenheit über die angebliche
Jugendarbeitslosigkeitsquote von unter 1 Prozent. Die ist bekanntlich durch
ziemlich nutzlose Maßnahmen-Schleifen statistisch geschönt. Jedoch zeichnet
sich hier ein Weg in die richtige Richtung ab mit der Installation einer
„Mannheimer Jugendberufsallianz“. Schon immer hatte DIE LINKE gefordert,
jungen Menschen aus Transferbezugshaushalten ohne Ausbildungs- oder
Arbeitsplatz nicht sofort nach ihrer Arbeitslosmeldung in „Maßnahmen“ zu
zwängen, sondern ihnen ganz normal, wie anderen Erwerbslosen auch eine
qualifizierte Berufsausbildung zu vermitteln und sie ggf. beim Übergang in das
Berufsleben zu coachen. Dies soll jetzt durch ein System von
„Ausbildungshelfern“ geschehen.
Neu ist auch, dass die Verwaltung ankündigt, sich intensiver als bisher mit der
Tatsache auseinanderzusetzen, dass selbst unter den gegenwärtig
vergleichsweise guten Arbeitsmarktbedingungen die Zahl der
Langzeitarbeitslosen hartnäckig stabil bleibt. Ferner gerät inzwischen auch die
Tatsache in den Fokus, dass 27% der ALG-II-Bezieher*innen sog. „Aufstocker“
sind, also Personen, die erwerbstätig sind, deren Einkommen aber unter der
Armutsgrenze liegt. Hier will man nun die Schaffung eines „
Servicebetrieb ‚Städtische Dienstleistungen‘“ prüfen.
„Diese aktuellen Entwicklungen am Arbeitsmarkt und eine [offensichtlich für die Verwaltung; Anm. Verf.] neue gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise, die neben personalwirtschaftlichen auch gesellschaftspolitische Aspekte umfasst, geben Anlass, die seit vielen Jahren bestehende Auslagerung von Dienstleistungen im Konzern Stadt Mannheim neu zu überdenken.“ Man prüft nun also. „für die Bereiche Reinigung,
Bewachung/Sicherheit/Aufsicht und Catering/Verpflegung, ob durch einen
zentralen Servicebetrieb ein wirtschaftlicher und sozialer Nutzen erzielbar ist. Es
geht vorrangig darum, in geringer qualifizierten Tätigkeiten reguläre Arbeitsplätze
einzurichten, die ‚Aufstockung‘ durch SGB II zu vermeiden, wenn sich dies unter
Berücksichtigung einer gesamtstädtischen Betrachtung als vorteilhaft erweist.“
Mannheimer Priorisierungssystem teilweise kontraproduktiv
Weniger hoffnungsvoll stimmt das „Mannhemer Priorisierungssystem“ zur
Bewertung von „Verwaltungs-Produkten“ nach ihrer Wirkung, um durch
Schwerpunktsetzung den als weniger wichtig eingestuften „Produkten“
Ressourcen zu entziehen und diese für eine in der Tat dringende
Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Investitionskraft der Stadt Mannheim zu
verwenden. Neben vielen absolut sinnvollen Verbesserungen von
Verfahrensabläufen der Verwaltung km Sinne einer Rationalisierung enthält das
System auch eine Bewertung der sog. „Leistungen an Dritte“. Hier finden sich alle
Zahlungen, die aus dem kommunalen Kernhaushalt z.B. an städtische
Eigenbetriebe und Gesellschaften fließen, an Wohlfahrtsverbände, Kirchen als
Kita-Träger, an Institutionen und Vereine und Initiativen der Zivilgesellschaft. In
Summe geht es hier um ca. 160 Mio. Euro pro Jahr. Die größten Fische dabei sind
das Nationaltheater und die Museen sowie die freien Kita-Träger mit zusammen
ca. 100 Mio. Euro. Prinzipiell sollen alle von den größten bis zu kleinsten
Institutionen 1% abgeben. Ausgenommen sind jedoch die Sportförderung
(Vereine), vertraglich vereinbarte Projekte und faktisch auch
Bildungseinrichtungen im weitesten Sinn.

Aber dann gibt es ja auch die Frauenhäuser, den Mädchentreff des
Stadtjugendrings, den Sozialpsychiatrischen Dienst, den Verband der
Gartenfreunde, um nur einige wenige zu nennen, die tatsächlich um 1% gekürzt
werden sollen. So soll dann der Obstbauverein Wallstadt statt 250 künftig nur 247
Euro erhalten! Bei der heutigen machten LINKE, Grüne und auch SPD deutlich,
dass sie da nicht mitgehen werden. Viele der Zuschussempfänger müssten
eigentlich mehr bekommen, weil sie z.T. seit 10 Jahren nie eine Erhöhung
bekommen haben, oft aber Personal beschäftigen. Insgesamt sollen die
Einsparungen 89 in 2018 und 143 TEUR ergeben.
Die ganz unterschiedlichen aber zahlreichen Zuschussempfänger leisten jedoch
wichtige Beiträge dazu, dass die Stadtgesellschaft nicht noch weiter spreizt, und
dass auf vielfältige Weise gerade auch die von Armut betroffenen Menschen
Ankerpunkte finden, wo Hilfe organisiert, Isolation überwunden und kulturelle
Teilhabe gefunden werden. Immerhin hat der OB in der Vordiskussion im
Hauptausschuss am Dienstag signalisiert, dass – wenn es kontraproduktiv wäre –
Änderungen möglich wären.
Wenn Armutsbekämpfung Priorität haben soll …
… dann müssen nicht nur falsche Einsparmaßnahmen unterlassen werden,
sondern Leistungsdefizite müssen abgebaut werden. DIE LINKE sieht hier z.B.
folgende Notwendigkeiten:

Sozialpass: Vergünstigungen für die kulturelle und sportliche Teilhabe müssen
deutlich verbessert werden, um der Armut die isolierende Wirkung zu nehmen.
Sozialticket: Die Mittel müssen mindestens verdoppelt werden (von 500.000 auf
1. Mio. Euro), um wenigstens den Einstieg in das Monats-Sozialticket zu schaffen.
DIE LINKE wird hierzu einen Vorschlag unterbreiten, der für die ca. 5.000
„Aufstocker*innen“ als definiertem Kollektiv des JobCenters das Jobticket
ermöglicht. Denn es ist vollkommen unerträglich, dass Menschen, die einer Arbeit
nachgehen und deren Einkommen gegen die Grundsicherung aufgerechnet wird,
auch noch den Weg zur Arbeit teuer bezahlen sollen.
Am besten sollten dann Sozialpass und Ticket zu einer diskriminierungsfreien
Mannheim-Card verbunden werden.
Wenn hier Fortschritte erzielt werden, stärkt das übrigens auch mit Sicherheit die
Demokratie (strategisches Handlungsfeld 2 – siehe oben).
Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE

Wiedereinführung der Videoüberwachung in der Mannheimer City

Die Verwaltungsspitze „informiert“ den Ausschuss für Sicherheit und Ordnung – es darf diskutiert werden. In den Haushaltsberatungen wird nur über das Geld entschieden

Bald auch wieder in Mannheim? Videokameras im öffentlichen Raum (Bild: CC webandi)

Erneut aufgebracht hat die Beschäftigung der Stadt mit Videoüberwachung des öffentliches Raumes die damalige AfD-Fraktion im November 2014 mit einer Anfrage: „Mehr Prävention und verbesserte Aufklärungsmöglichkeiten durch Videoüberwachung“ (A279/2014). Das war noch vor der aufgeregten Sicherheitsdebatte im Anschluss auf die Aufnahme von bis zu 15.000 Geflüchteten 2015. Die Antwort der Verwaltung enthielt die Botschaft, es gebe keine Veranlassung und vor allem auch im Rahmen des Polizeigesetzes Baden-Württemberg keine Möglichkeit, die von 2001 bis 2007 praktizierte Videoüberwachung in der City wieder aufzunehmen. CDU, ML griffen das Thema dann 2016 erneut auf. Die Verwaltung antwortete mit einer „Informationsvorlage“ (V084/2016): „Die Verwaltung wird in Abstimmung mit dem Polizeipräsidium Mannheim, auf Basis der Lagebeurteilung hinsichtlich der Kriminalitätsbelastung, die Voraussetzungen für die (Wieder-) Einführung der punktuellen Videoüberwachung an einzelnen Kriminalitätsbrennpunkten im Stadtgebiet Mannheim schaffen.“ Bis heute hat der Gemeinderat bzw. der fachlich zuständige Ausschuss für Sicherheit und Ordnung (ASO) lediglich weitere Info-Vorlagen zur Kenntnisnahme bekommen, die die Wiederaufnahme der Videoüberwachung (teilweise „Videoschutz“ genannt) immer weiter präzisieren. Am 18.9. steht die neueste Ausgabe (V450/2017) „zur Kenntnisnahme“ auf der Tagesordnung. Weiterlesen