Gemeinsamer Resolutionsantrag von SPD, CDU, Grünen, ML, LINKE, und FDP am 18.12.18 verabschiedet: Kein Platz für die antisemitische Boycott, Divestment and Sanctions (BDS)-Bewegung in Mannheim

„Oberbürgermeister und Gemeinderat der Stadt Mannheim verurteilen die antisemitische undantiisraelische BDS-Kampagne und die Aufforderung zum Boykott von israelischen Künstlern, Wissenschaftlern, Waren und Unternehmen aufs schärfste. Sie erinnert an den Aufruf der Nationalsozialisten „Kauft nicht bei Juden“ und somit an die dunkelsten Stunden der deutschen Geschichte. Die BDS-Kampagne verstößt außerdem gegen den Geist und Buchstaben der „Mannheimer Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt“. Sie verpflichtet die Stadt Mannheim in der Pflicht, Aufrufen „zu Hass, Gewalt und Ausgrenzung“ entgegenzutreten.

Jegliche Form von Antisemitismus wird in Mannheim nicht geduldet. Oberbürgermeister und Gemeinderat der Stadt Mannheim begrüßen und unterstützen daher den von den Fraktionender CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen eingebrachten Beschluss des Deutschen Bundestages vom 17. Januar 2018, „der weltweiten Bewegung „Boycott, Divestment, Sanctions“ entschlossen entgegenzutreten“. Dem Wortlaut des Bundestagsbeschlusses folgend bekennt sich die Stadt Mannheim zur besonderen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel. Das Existenzrecht und die Sicherheit Israels gelten für uns voraussetzungslos. Sie ruft alle Mannheimer Bürgerinnen und Bürger, Konfessionen, Vereine, Vereinigungen undalle anderen öffentlichen Akteure in unserer Stadt auf, sich dieser Haltung anzuschließen.

Die Stadt Mannheim bekennt sich zu der tief empfundenen Freundschaft zu Israel und setzt sich auch weiterhin für eine friedliche Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes ein.

Für DIE LINKE gab Stadtrat Thomas Trüper folgende Erklärung zu Protokoll: „DIE LINKE bringt diese Erklärung gegen die antisemitische BDS-Bewegung wie ersichtlich mit ein. Den außerordentlich schwierigen Friedensprozess mit einer rassistischen Boykottkampagne zu unterminieren, ist zu absolut verwerflich.

Der Friedensprozess hat jedoch viele politische Gegner, auch bei Politiker*innen im Staate Israel selbst. In Verantwortung für den Frieden und für ein sicheres Leben aller Menschen in Israel und in der Region kritisieren wir alle Maßnahmen, die geeignet sind, den Friedensprozess zu stören – von welcher Seite auch immer. Außerdem verwahren wir uns gegen Versuche, jegliche Kritik an der aktuellen Politik der israelischen Regierung als „antisemitisch“ zu diskreditieren.

Wir wissen uns hierbei einig mit über 30 israelischen Wissenschaftler*innen, die am 20. November in einer gemeinsamen Erklärung der EU-Ratspräsidentschaft volle Unterstützung im Kampf gegen Antisemitismus zusicherten, aber warnten: „Europa sagen wir: Vermischt Kritik an Israel nicht mit Antisemitismus.“

Die Resolution wurde vom Gemeinderat gegen die Stimme des NPD-Vertreters Hehl und unter Enthaltung des Stadtrats Ferrat mit großer Mehrheit angenommen.Red.

2019 und 2020 Anspruch auf 20 statt 10 Sozialtickets

Die LINKE erreicht einen positiven Nebeneffekt der „Modellstadt Mannheim“ und des Green CityTickets: Inhaber*innen des Sozialpasses erhalten in den kommenden zwei Jahren pro Person und Monat vier statt zwei Fünfer-Blöcke Einzelfahrscheine, zum unveränderten Preis von 1,00 EUR je Einzelfahrschein. 10 Fahrten hin und her statt der dürftigen fünf!

Hintergrund: Zum 1. Januar 2019 sinken die ÖPNV-Preise in Mannheim und teilweise auch Ludwigshafen um durchschnittlich 30%. Dadurch sollen mehr Autofahrer*innen in Busse und Bahnen gelockt werden, um so den NOx und CO2 – Ausstoß in Mannheim zu verringern und Diesel-Fahrverboten zu umgehen.

DIE LINKE hatte im Gemeinderat mit Antrag 302/2018 im September darauf hingewiesen, dass das Subventionsbudget für 75.000 Fünferblöcke nach der Preissenkung für 150.000 Blöcke reicht. Diese Vergünstige müsse an die Leistungsberechtigten weitergegeben werden. Die Verwaltung hatte seinerzeit zugesagt, den Vorschlag zu prüfen. Seither war nichts mehr davon zu hören. DIE LINKE fragte deshalb zu Ende der letzten Gemeinderatssitzung den Oberbürgermeister, wie sich denn die Verwaltung nun entschieden habe. Nach kurzer Beratung zwischen OB und Finanz- und ÖPNV-Dezernent Christian Specht (CDU) gab dieser bekannt:

Jawohl, man werde so wie im Antrag gefordert verfahren. Hätte er natürlich auch ohne Nachfrage verraten können. Nun müssen „nur“ noch die Sozialticket-Berechtigten informiert werden!

Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE

Antrag_Verdoppelung_der_Sozialtickets

Taxibetrieb vor die Wand gefahren? 47 Taxler*innen stehen auf der Straße…

… und dies auch im wörtlichen Sinn: Vor dem Mannheimer Rathaus steht am Montag, 3. –Dezember, eine größere Gruppe teils verbal erregter Personen, die Einlass in das Rathaus begehren. „Wir wollen zum Bürgermeister – so eine Unverschämtheit!“ Die Gruppe wird überragt von einer sehr großen Person, die die Regie führt. Es stellt sich auf Nachfrage heraus, dass hier die Belegschaft eines – nach eigenen Angaben des größten – Mannheimer Taxiunternehmens samt ihrem Chef, dem Eigentümer der Firma, unterwegs sind. Ein namentlich nicht gekennzeichnetes Flugblatt gibt nähere Auskunft – es klingt nach Chef: „Stadtverwaltung Mannheim verweigert größtem Taxibetrieb Mannheims die Wiedererteilung der Taxikonzessionen. 21 Taxis, 47 Mitarbeiter, seit 37 Jahren in Mannheim als Taxiunternehmen tätig.“
Das Flugblatt endet mit einem überdimensionalen „Warum???“

Die Taxikonzessionen seien am Freitag, 30.11.2018 u Mitternacht ausgelaufen, „Dadurch verlieren 47 Mitarbeiter einen sicheren Arbeitsplatz und werden kurz vor Weihnachten arbeitslos. Die Vorgehensweise der Stadt Mannheim ist begründet mit einem aus dem Jahre 2008 bis 2010 bestehenden Vorwurf der unternehmerischen Unzuverlässigkeit im Bereich der Lohnbuchhaltung.“

Worauf denn dieser Vorwurf genau beruhe, wird der Unternehmer gefragt.„Ich hatte meinen Leuten damals mehr Lohn ausgezahlt, als ihnen eigentlich zustehen würde – davon kann man ja nicht leben“, antwortet der Unternehmer, der sich offensichtlich als Wohltäter begreift. Rein juristisch betrachtet heißt diese Aussage jedoch „Sozialversicherungs- und Steuerbetrug“. Er hat schlicht Schwarzzahlungen geleistet, was in der Rentenversicherung der Beschäftigten natürlich zu Rentenanspruchsminderungen führt – nicht eben ein Kavaliersdelikt. Er habe jedoch, beteuert der Unternehmer, längst die (unterschlagene) Summe nachgezahlt. Ihm sei vollkommen rätselhaft, warum acht Jahre nach Begleichung der Schuld und der damaligen Wiedererteilung der Zuverlässigkeitsbescheinigung „jetzt die Nicht-Wiedererteilung mit dieser sozialen Härte zu diesem Zeitpunkt durchgesetzt werden soll.

“Was den Unternehmer noch empört, „ist die Tatsache, dass auch unserem Gleichzeitig gestellten Antrag auf Übernahme des Taxibetriebes durch Verkauf des ganzen Betriebes an unseren Sohn und damit Betriebsnachfolger, nicht entsprochen wurde.“ Die Belegschaft hat das Nachsehen – Probleme im Kleinbetrieb Dem Betrachter Szene drängen sich Fragen auf: Gab es in den letzten acht Jahren tatsächlich keine Beanstandungen? Warum hat der Unternehmer, wenn er sein Geschäft nicht mehr betreiben kann, keinen Antrag auf Insolvenz gestellt? Sollte dies dann der durch Kauf (nicht durch Übertragung der Anteile als Vorerbe!) überschuldete Sohn machen?

Warum wurde keine Massenentlassung beim Arbeitsamt gemeldet? Dass es keinen Sozialplan gibt, ist in dieser Branche nicht verwunderlich; denn nur ein Betriebsrat hätte einen Sozialplan vereinbaren können, und einen Betriebsrat gibt es nicht. Ein Betriebsrat hätte der Belegschaft sicherlich auch mitteilen können, dass sich alle sofort bei der Arbeitsagentur melden müssen, um Sperrzeiten zu vermeiden. Er hätte auch darauf hinweisen können, dass innerhalb 2 Wochen Kündigungsschutzklage eingereicht werden muss, um jegliche Rechte zu sichern. In der Branche ist der Fall natürlich bekannt. Man weiß auch, dass der Unternehmer durchaus über Vermögen verfügt, aus dem er noch den Lohn für die Einhaltung der Kündigungsfristen hätte begleichen können, z.B. einen Schrotthandel und mehrere Immobilien.

Das ganze Drama ist ein Lehrstück für Kleinbelegschaften, nicht auf ihre Rechte zu verzichten und sich überhaupt auch gut zu informieren, wofür gewerkschaftliche Organisation unerlässlich ist. Schiebt hier einer die eigene Schuld auf die Stadt und schickt seine Beschäftigten vor? Wie ging es vor dem Rathaus weiter? Die Gruppe wurde vorgelassen in einen Besprechungsraum und wurde dort dem Vernehmen nach von einer Fachbereichsvertreterin angehört.

In den Lizenzerteilungsbestimmungen der Stadt Mannheim heißt es:

„Persönliche Zuverlässigkeit des Unternehmers. Die persönliche Zuverlässigkeit wird anhand des polizeilichen Führungszeugnisses, des Auszuges aus dem Gewerbezentralregister sowie der Auskunft aus dem Verkehrszentralregister geprüft. Des weiteren sind Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamtes, der Stadtkasse, der Krankenkasse und der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen vorzulegen.“

Einen vergleichbaren Fall gab es vor zwei Jahren in Worms. Dort wurde einem wesentlich kleineren Taxiunternehmen (neun Taxis) die Lizenz entzogen. Laut Wormser Zeitung wollte sich damals der Leiter der Wormser Verkehrsbehörde zu dem laufenden Verfahren nicht äußern. Aber so viel ließ er durchblicken: „… dass in der Regel schon eine Menge passieren müsse, bis eine Behörde ‚zum letzten Mittel‘ greife.

Normalerweise seien andere Maßnahmen ‚vorgeschaltet‘.“ (https://www.wormser-zeitung.de/lokales/worms/nachrichten-worms/stadt-worms-entzieht-erich-duner-taxi-konzession-neun-taxis-und-zwolf-fahrer-betroffen_16627104).

Der jüngste Fall in Mannheim hat übrigens keine Verbindung zu der zeitgleich stattfindenden Auseinandersetzung zwischen der Stadt Mannheim und dem Ludwigshafener Taxiunternehmen Böhm, welches in Mannheim 20 zusätzliche Taxilizenzen erwerben möchte. In der Branche wird dies sehr kritisch gesehen, weil schon jetzt der Mannheimer Taximarkt zu viele Anbieter habe und die Einkünfte der Fahrer*innen damit noch niedriger würden als bisher schon.

(„Stadt wehrt sich gegen mehr Taxis“, Mannheimer Morgen 03. Dezember 2018)

Thomas Trüper

Sozialatlas Mannheim 2017: Trotz guter Konjunktur gleichbleibend viele AG-II-Bezieher*innen und steigende Zahl der Aufstocker*innen – besonders bei Leiharbeit

Der neue Sozialatlas der Stadt Mannheim für das Jahr 2017 enthält neben einer Fortschreibung der Zahlen der letzten Ausgabe von 2014 interessante „Handlungsempfehlungen“ für Verwaltung bzw. Gemeinderat.

Als Maß der Armut zieht der Atlas lediglich der Zahl der  Transferleistungsempänger*innen heran, da es keine Einkommensstatistik für die Gesamtbevölkerung gibt. Demnach bezogen 28.013 Personen ALG II (gegenüber 28.018 im Jahr 2014). Die Verteilung ist unverändert krass unterschiedlich zwischen Hochstätt (28,6%) und Schönau-Nord (26,9%) einerseits und beispielsweise Feudenheim-Süd, Neuhermsheim (beide 2,7%) oder Oststadt-Nord (2,8%) andererseits.

Arm trotz Arbeit

5.777 der 20.047 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (also ohne Kinder) gingen durchaus einer Erwerbstätigkeit nach (28,8%). Sie beziehen Leistungen nach dem SGB II, weil ihr Erwerbseinkommen zum Lebensunterhalt nicht reicht („Aufstocker*innen“). Im Jahr 2012 waren es „nur“ 5.146 Personen.

1.720 Personen müssen wegen geringfügiger Beschäftigung aufstocken. 2.168 arbeiten aus unterschiedlichen Gründen Teilzeit, aber 1.023 Personen gehen einer sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigung nach, die jedoch nicht zum Leben reicht. Im Jahr 2012 waren dies „nur“ 797.

Und dies sind die Branchen, in denen Aufstocker*innen häufiger beschäftigt sind: „bei Reinigungsdiensten (10,2 %), im Gastgewerbe (6,1 %), sowie zusätzlich in der Arbeitnehmerüberlassung (4,8 %). Besonders ins Auge fällt dabei der hohe Anteil vollzeitbeschäftigter Aufstocker in der Arbeitnehmerüberlassung: Der überwiegende Teil der Leiharbeitnehmer/innen, die ergänzende Leistungen aus der Grundsicherung bezog, war in Vollzeit beschäftigt (71 Prozent; zum Vergleich alle Branchen: 26 Prozent)“ (Sozialatlas 2017, S. 77).

Innerhalb der Aufstocker*innen nimmt der Anteil der EU-Ausländer*innen zu (von 606 im Jahr 2010 auf 1.387 aktuell), die Zahl Nicht-EU- Staatsangehöriger beträgt 1.540; zusammen also etwa 50%. Bedenkt man, dass auch der Gruppe deutscher Staatsangehöriger viele Menschen „mit Migrationshintergrund“ angehören, ergibt sich das – nicht überraschende – Bild, dass Menschen mit Migrationshintergrund weit überproportional vertreten sind.

Kinderarmut ist Elternarmut

Von den 28.013 Menschen im Hilfebezug nach SGB II sind 7.966 „Nichterwerbsfähige“, sprich Kinder unter 15 Jahren, das sind 20,3% bezogen auf alle Kinder in Mannheim, also jedes 5. Kind. Die Realität spielt sich aber dramatischer ab: Die Hälfte der in Armut lebenden Kinder wohnt in 10 der 44 statistischen Bezirke, von Jungbusch über Hochstätt, Neckarstadt-West bis zum Herzogenried mit Anteilen zwischen 51,7% und 32,3%. Fast die Hälfte der betroffenen Kinder leben stadtweit in Alleinerziehenden-Bedarfsgemeinschaften.

Die Autoren des Sozialatlas weisen darauf hin, dass in Armut lebende Kinder häufig frühkindliche Entwicklungsdefizite erleiden, dass sie höhere gesundheitliche Risiken haben und geringere Bildungserfolge erreichen.

Demografische Entwicklung

„Nach der aktuellen Bevölkerungsprognose der Kommunalen Statistikstelle der Stadt Mannheim wird die Bevölkerungszahl der Stadt Mannheim von 316.126 (im Jahr 2017) um 21.898 Personen (+ 6,9 %) auf 338.024 Personen im Jahr 2036 zunehmen. Der prognostizierte Zuwachs der Gesamtbevölkerung setzt sich aus einer zunehmenden Bevölkerungszahl in allen Altersgruppen zusammen, wodurch die Alterung der Bevölkerung in der Stadt Mannheim gedämpft wird. Während in einigen Regionen Deutschlands zukünftig eine deutliche Alterung zu erwarten ist, wird sich die Altersstruktur der Bevölkerung in der Stadt Mannheim nach der Vorausschätzung der Kommunalen Statistikstelle bis ins Jahr 2036 nur vergleichsweise geringfügig verändern. Wie in anderen Großstädten wird die Alterung der Bevölkerung verlangsamt durch eine »altersselektive« Zuwanderung, da vor allem jüngere Menschen zwischen 18 und 35 Jahren nach Mannheim zuziehen.“ (Sozialatlas S. 13f) Wichtige demografische Trends seien die Heterogenisierung sowie die Vereinzelung.

Handlungsempfehlungen

  • Quartierskonzepte zur Stärkung häuslicher Versorgungsstrukturen älterer Menschen
    Quartiersbezogene Konzepte, die nachbarschaftliche Hilfen mit ambulanter Pflegeversorgung verknüpfen, sind ein wichtiges Instrument, um den Bewohner/innen ein selbständiges Leben zu ermöglichen und eine frühzeitige Heimunterbringung zu vermeiden. Folgende Vorhaben sind geeignet, die selbständige Haushaltsführung und Alltagsbewältigung Älterer zu fördern, um den Verbleib in der eigenen Häuslichkeit zu sichern.“ Hierbei geht es beispielsweise um ein Konzept für FRANKLIN, „ambulante Unterstützungs-, Versorgungs- und Beteiligungsstrukturen für ältere Menschen mit und ohne Unterstützungsbedarf aufzubauen“ Ferner um einen Modellversuch auf der Vogelstang, „das Angebot der Hilfen im Haushalt auszubauen.“ Die offene Altenhilfe soll weiterentwickelt und modernisiert werden. 
  • Chancen für »Aufstocker«
    „Förderung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung möglichst oberhalb des Niedriglohnbereichs durch (a) Prüfung der Einrichtung eines Servicebetriebs »städtische Dienstleistungen« bzw. der Rekommunalisierung bisher vergebener Dienstleistungen, um existenzsichernde Beschäftigungsmöglichkeiten im Umfeld der Stadtverwaltung zu ermöglichen sowie (b) eine wirtschaftspolitische Handlungsstrategie, die das Ziel der Schaffung bzw. des Erhalts von existenzsichernden Arbeitsplätzen zum Gegenstand lokaler Wirtschaftsförderung macht.“ Sozialamts-Chef Hermann Genz macht es an einem Beispiel deutlich: Es mache keinen Sinnen, im JobCenter vier Reinigungskräfte über eine Fremdfirma zu beschäftigen, die dann gleichzeitig aufgrund ihrer geringen Einkommen „Kunden“ des JobCenters sind. Die Wirtschaftsförderung solle sich überlegen, ob z.B. große Logistikunternehmen angesiedelt werden, wenn auch dort die Einkommen nicht zum Leben reichten.
    Weiter soll die Qualifizierung von Zuwandere*innen forciert werden, um ihnen bedarfsdeckende Berufstätigkeit zu ermöglichen.
  • Sozialraumbezogenes und ressortübergreifend koordiniertes Handeln zur Integration in Erwerbsarbeit umsetzen
    Vor dem Hintergrund der kontinuierlich zunehmenden Zahl der Transferleistungsbezieher/ innen wird empfohlen, ein übergreifendes und koordiniertes Handlungskonzept in einem ausgewählten Stadtteil zu entwickeln.“ Es wird hierbei auf ein 2007 und 2008 praktiziertes Betreuungsmodell in Hochstätt verwiesen, wo durch Einsatz von 9 zusätzlichen Berater*innen ein erheblicher Rückgang der Erwerbslosigkeit auf Freiwilligkeitsbasis erzielt worden sei. Das damalige Projekt wurde durch drastische Kürzung der Eingliederungsmittel seitens der damaligen Bundesregierung gestoppt. Seither steigen in dem Stadtteil die ALG II-zahlen kontinuierlich.
  • Sozial ausgleichende Wohnraumversorgung
    „Vor dem Hintergrund der dargestellten kleinräumigen Konzentration sozialer Benachteiligungen ist eine langfristige Strategie erforderlich, die eine Dezentralisierung von Sozialwohnungen bzw. preisgünstigem Wohnraum fördert und dem Verlust an sozialgebundenem Wohnraum entgegenwirkt. Vorrangiges Ziel einer solchen sozialen Wohnungspolitik ist die Förderung einer ausgewogenen Mischung verschiedener Mietniveaus in einem Quartier. Zielsetzung sollte die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum auch in den Quartieren sein, in denen es bisher an preisgünstigen Wohnungen mangelt. Mit einer Sozialquote im Wohnungsneubau bei der Entwicklung neuer Stadtquartiere, aber auch bei größeren Wohnungsbauvorhaben in bestehenden Stadtteilen, wie sie im Juli 2017 vom Gemeinderat der Stadt Mannheim beschlossen wurde, kann der geförderte Wohnungsneubau mit sozialräumlichen Mischungszielen verknüpft werden.“ (S. 7ff)

Man darf gespannt sein, welche Konsequenzen die Verwaltungsspitze und der Gemeinderat  aus diesen Handlungsempfehlungen ziehen – z.B. bei der Aufstellung des nächsten Doppelhaushaltes. Aus Sicht der LINKEN ist es erfreulich, einige der seit Jahren erhobenen Forderungen nun als amtliche Handlungsempfehlungen lesen zu können, z.B. die Errichtung eines öffentlichen Beschäftigungssektors oder die Bekämpfung der fortschreitenden Segregation der Stadtgesellschaft in „gute“ und „schlechte“ Stadtteile durch aktive Wohnungspolitik. Aber das Lesen-können allein hilft den Menschen auch nicht weiter.

Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE

Der neue Mietspiegel – ein Preisknaller im üblen Sinn

Der Mietspiegel für die kommenden zwei Jahre bildet eine Steigerung des Mietpreisniveaus gegenüber 2016 um 9,4% ab. Die Durchschnitts-Kaltmiete beträgt jetzt 7,71 EUR gegenüber 7,05 EUR/m². im Jahr 2000 lag dieser Wert noch bei 5,05 EUR. Das ist dann eine Steigerung um 53,7% innerhalb 18 Jahren mit deutlich zunehmender Dynamik.

Der Gemeinderat wird diesen Mietspiegel am 4.12. absegnen (müssen). Er ist nach den Regeln des § 558 d (BGB) aufgestellt. In diesem Jahr wurde er aufgrund einer Stichprobenerhebung fortgeschrieben. 2020 muss er dann wieder vollkommen neu ermittelt werden. Als qualifizierter Mietspiegel muss er nach wissenschaftlichen Grundsätzen erarbeitet sein, d.h. das Ergebnis muss bei jeder anderen Stichprobe identisch herauskommen (Reproduzierbarkeit). Außerdem muss der Mietspiegel von den Verbänden der Vermietenden und der Mietenden gebilligt sein.

Der Deutsche Mieterbund und die Partei DIE LINKE laufen schon seit Jahren Sturm gegen die Grundprinzipien eines jeden Mietspiegels, wie sie im BGB festgelegt sind:
Es werden bei den Stichproben nur solche Mietverträge gewertet, die innerhalb der letzten vier Jahre entweder neu abgeschlossen wurden oder deren Mietpreis innerhalb der vier Jahre verändert, und das heißt ja nun mal in aller Regel erhöht wurde. Alle „stehengebliebenen“ Mietpreisvereinbarungen werden nicht gewertet. Damit ist der Mietspiegel ein Mieterhöhungsspiegel. Er gibt nicht das tatsächlich bestehende durchschnittliche Mietpreisniveau wieder. Außerdem sind bei der Erfassung alle öffentlich geförderten (ca. 5.500 Wohneinheiten) oder aufgrund gesetzlicher Bestimmungen mietpreisreduzierten Wohnungen ausgeschlossen sowie alle Ein- und Zweifamilienhäuser. Insofern können bei den Stichproben von den in Mannheim bestehenden ca. 168 Wohneinheiten nur etwa 115.000 Wohneinheiten herangezogen werden. Von diesen freifinanzierten Wohneinheiten hält die GBG ca. 15.600, also 13,5%. Für den Eigentümerverband Haus und Grund ein Aufreger erster Güte. Die GBG „versaut“ nach deren Auffassung mit ihren unter Mietspiegelniveau liegenden Preisen das wirklich gute Geschäft. Statt 9,4% könnten es sonst doch gerne 10 oder 11% sein! (Siehe den Prozessbericht in dieser Ausgabe, wo es genau um diesen Sachverhalt geht).

Obwohl die „Sozialwohnungen“ von der Mietpreiserhebung ausgeschlossen sind, unterliegen sie dem Mietspiegel ganz direkt. Denn ihr Mietzins ist per städtischer Satzung auf den Mietspiegelpreis minus 10% festgelegt. Deren Mieter haben somit eine kräftige Erhöhung zu erwarten.

Was heißt die Mietspiegelerhöhung für die städtische GBG Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH? Sie folgt bei ihrer Mietpreisgestaltung in aller Regel den Mietspiegelpreis-Bewegungen. Sie muss es aber nicht. Das gilt in gegenwärtiger Phase umso mehr, als in den Mietspiegelpreis eine gehörige Portion spekulative Preistreiberei einfließt. Denn bei Wohnungs- / Mieterwechsel kann der Eigentümer nehmen, was der Markt zulässt. Er ist nicht an den Mietspiegel gebunden (das wäre ja eine Form der verhassten Mietpreisbremse). Es ist also vom Aufsichtsrat der GBG dringend zu erwarten, dass er die Geschäftsführung auffordert, diesmal deutlich unter der Mietspiegelerhöhung bleibt. Bisher liegen die GBG-Mieten in der Regel ca. 1 EUR unter dem Mietspiegelniveau. Es wird der künftigen Mietpreisentwicklung in Mannheim guttun, wenn die GBG noch mehr als bisher bremst. Natürlich muss auch die GBG ihre Mietpreise entsprechend ihrer Kostenentwicklung anpassen, will sie nicht an Substanz verlieren, z.B. indem sie Instandhaltungen und Sanierungen runterfährt. Aber die GBG muss nicht an Spekulationsgewinnen mitverdienen!

Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE
Aufsichtsratsmitglied GBG

Hauseigentümerverband will Mietspiegel kippen

Extreme Mieterhöhung soll erzwungen werden

Am 23. November 2018 fand vor dem dem Amtsgericht Mannheim ein wichtige Verhandlung statt, die möglicherweise Bedeutung über Mannheim hinaus hat. Es geht darum, wieviel darf ein Hauseigentümer die Miete erhöhen und wieweit ist er durch den Mietspiegel gebunden.

Ein erster Verkündungstermin des Gerichts erfolgt am 15. Januar um 15 Uhr, Amtsgericht Mannheim, Zimmer 228.

Um was geht es?
Eine Hausbesitzerin will die Miete, die schon jetzt oberhalb des qualifizierten Mannheimer Mietspiegels liegt, nochmals um über 15% erhöhen. Die Mietpartei wehrt sich gegen die Mieterhöhung und bekommt rechtlichen Beistand vom Mieterverein Mannheim.
Die Vermieterin wird unterstützt vom Eigentümerverband „Haus und Grund“. Die rechtliche Vertretung übernimmt deren Vorsitzender persönlich, Rechtsanwalt Josef Piontek.

Rechtsanwalt Piontek zweifelt die Rechtmäßigkeit des Mannheimer Mietspiegels an. Die Erhebung des Mietspiegels sei nicht nach wissenschaftlichen Maßstäben erfolgt, sondern politisch motiviert. Mit dem Mietspiegel betreibt die Stadt Mannheim Wohnungspolitik. Ihn stört vor allem, dass die Mietwohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GBG mit einer Durchschnittskaltmiete von 6,19 € / qm keine marktgerechten Preise abbilde. Der Mietspiegel werde damit künstlich nach unten gedrückt und sei nicht marktkonform. Der neue Mietspiegel ist mit 9,40€ um 3,20€ darüber. Ohne die GBG-Wohnungen wäre der Mietspiegel aber höher. Haus und Grund will die GBG-Wohnungen bei der Berechnung des Mietspiegels am liebsten ganz draußen haben. Hilfsweise argumentiert der Verband aber, dass auf jeden Fall die Gewichtung mit 14% zu hoch sei.

Rechtsanwalt Sauer vom Mannheimer Mieterverein weist das Ansinnen von Haus und Grund als eine „Klage zur Unzeit“ zurück. Jahrelang habe Haus und Grund den Mannheimer Mietspiegel als Richtgröße akzeptiert. Trotz immenser Mieterhöhungen in den letzten Jahren – in Mannheim in den letzten beiden Jahren 9% Mietsteigerung, die zwei Jahre zuvor 7% Mietsteigerung – sei das für Haus und Grund offensichtlich immer noch nicht genug. Haus und Grund instrumentalisiere das Verfahren für seine Interessen und habe schon angekündigt, notfalls auch in die höhere Instanz zu gehen. Dies sei schändlich und so Sauer gegenüber der Presse eine „unschöne Ausformung des Kapitalismus“. Zum Mannheimer Mietspiegel meinte Sauer, dass dieser auf jeden Fall den gesetzlich geforderten Kriterien genüge.

Rechtsanwalt Piontek konterte, dass es Haus und Grund nicht um ein Politikum gehe, sondern einfach um die Korrektheit des Mietspiegels. Rechtsanwalt Sauer fragte im Gegenzug, wenn Haus und Grund die GBG-Wohnungen draußen haben wolle, weil sie angeblich zu niedrig seine, dann müsste nach dieser Logik, auch die überteuerten Mieten, die weit über dem Marktpreis sind, herausfallen. Aber genau das mache Haus und Grund gerade nicht. Deshalb ginge es dem Verband nur um noch höhere Mieten und darum, eine Regulierung der Mietpreise abzuschaffen.

Wie geht es jetzt weiter?
Die Richterin hat angekündigt, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Der Klägeranwalt hat schon einmal Bedenken angekündigt, wenn das Gericht den vom Rechtsanwalt des Mietervereins vorgeschlagenen Gutachter, einen renommierten und einschlägig bekannten Experten, bestellen werde. Das Gutachten soll zur Klärung beitragen, ob der qualifizierte Mannheimer Mietspiegel den wissenschaftlichen Anforderungen entspreche. Und damit letztlich die weitere Gültigkeit des Mietspiegels klären.

Der Vekündungstermin über die Bestellung des Gutachters ist am 15. Januar 2019. Das Verfahren ist in der Sache aber hiermit mit großer Wahrscheinlichkeit nicht beendet und wird dann erst richtig losgehen.

Das Verfahren hat in der Tat eine große und übergeordnete Bedeutung. Aus Sicht des Deutschen Mieterbundes und des Mietervereins Mannheim ist die Erhebung des Mietspiegels, die gesetzlich festgelegt ist, nicht ideal und bedarf einer gesetzlicheb Überarbeitung.

Der Mieterverein stellt fest:
„Der Mietspiegel bildet gemäß § 558c BGB, nicht den gesamten Querschnitt des Mietwohnungsmarktes (Bestandsmieten) ab, sondern nur die Mieten, die innerhalb der letzten vier Jahre erhöht wurden.
Der Mietspiegel schützt die Mieter bei Neuvermietungen vor allzu übermäßigen Mietsteigerungen. Da nur Neumieten der letzten vier Jahre erfasst werden, die Altmieten aber außen vor bleiben, hat der Mietspiegel auf den allgemeinen Mietspiegel aber auch eine preistreibende Wirkung. Damit wird die ursprüngliche Intention des Mietspiegels in sein Gegenteil verkehrt.“

Die Existenz eines Mietenspiegel, so unvollkommen er gegenwärtig ist, wirkt als allgemeine Bremse für extreme Mieterhöhungen.

Umso schändlicher ist nun, wenn Haus und Grund als Interessenorganisation der Vermieter, nun auch eine der letzten Schranken für übermäßige Mieterhöhungen kippen will. Das darf nicht sein!

Roland Schuster

Güterverkehr auf die Schiene – aber nicht mitten durch Mannheimer Wohngebiete! S-Bahn ausbauen!

Anfang November veröffentlichen Bundesverkehrsministerium und Deutsche Bahn AG die lange erwartete „Knotenstudie“ zur Zukunft des Güter- und S-Bahnverkehrs in Mannheim. Dies Gutachten legt dar, wie es innerhalb der Gemarkung Mannheim weitergehen soll mit der bis vor die Tore in Blumenau geplanten neuen ICE- und (nachts) Güterstrecke. Und was zu befürchten war, ist fast schon selbstverständlich eingetreten: Die Bahn geht davon aus, dass der auf der europäischen Transversale Rotterdam-Genua bis auf 280 Güterzugfahrten pro Nacht anwachsende Verkehr auf der Bestandsstrecke Riedbahn-Ost abgewickelt werden soll. Dafür braucht die Bahn nicht einmal en Planfeststellungsverfahren. Lediglich die paar hundert Meter Eingleisigkeit über die Neckarbrücke, könnten der Netz-AG Schwierigkeiten bereiten, weil die Wiedererrichtung des einst entfernten 2. Gleises wie eine Neubaumaßnahme gewertet werden muss mit den entsprechenden Genehmigungsverfahren. In der Netzstudie hält man sich mit diesem Umstand jedoch gar nicht erst auf. Die Zweigleisigkeit an diesem Nadelöhr wird einfach vorausgesetzt.

Damit setzt sich die DB Netz AG glatt über alle Einwände hinweg, die bei dem großen Anhörungsverfahren vom 18. – 20. September von den Vertretern der Mannheimer Stadtverwaltung (Dezernenten Specht und Quast), von zahlreichen Einwender*innen und nicht zuletzt von den Bürgerinitiativen gegen den Bahnlärm eingebracht wurden. Niemand ist gegen die Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene. Aber die Bahn muss bei der Streckenführung durch Mannheim die Tatsache ernstnehmen, dass die Riedbahn-Ost von Blumenau bis Rheinau dichtbesiedelte Wohngebiete tangiert. Daher die Forderung, alternative Streckenführungen zu prüfen und auszuweisen, auch wenn dies im streng rechtlichen Sinn nicht erforderlich sein sollte. Grundsätzlich käme eine Osts-Umfahrung des Stadtgebietes mit Einmündung in den Rangierbahnhof und / oder eine Tieferlegung in Trog und / oder Tunnel in Frage. Weiter südlich auf der Transversale, In Offenburg, hat die Bahn seiner solchen massiv geforderten Lösung zugestimmt und nimmt hunderte Millionen in die Hand, um dies umzusetzen.

Der einzige Fuß in der Tür ist für Mannheim – juristisch – das Genehmigungsverfahren für die Wiederherstellung der Zweigleisigkeit über den Neckar. Diese zu behindern machte aber zugleich beim Ausbau der S-Bahn Schwierigkeiten, der ja ebenfalls ganz wichtig ist. Da hilft einzig und allein erheblicher politischer Druck „von der Straße“. Und genau hier liegt der Hase begraben. Die Bürgerinitiativen tun was sie können – sie leisten ein riesiges Aktivitätspensum-auch in der Region, mit der es gilt, gemeinsame Sprache gegenüber der Bahn zu sprechen. Aber eine richtige Bewegung ist bisher nicht zustande gekommen. Der zeitliche Horizont für das Güterbahnprojekt liegt vielleicht etwas weit weg. Und die Stadtgesellschaft ist nur zu einem Drittel bis vielleicht zur Hälfte betroffen. Beim Anhörungstermin im September saßen um die 10 Bürger*innen. Eine Umfahrungs- oder Tieferlegungslösung mit ihrem enormen Kostenaufwand lässt sich so gewiss nicht erstreiten.  Im Kommunal-Vorwahlkampf haben sich bisher CDU, SPD, ML und FDP für eine Alternative ausgesprochen. Auch DIE LINKE fordert eine Alternativlösung. Die Grünen halten sich bedeckt. Sie setzen offenbar auf eine deutliche Lärmminderung der neuen Güterwaggon-Generationen plus Lärmschutzwände. Die Anti-BUGA-Bewegung war – das muss man neidlos anerkennen – von größerer Durchschlagskraft.

Die Bürgerinitiative GESBIM weist auf folgende Veranstaltungen hin:

„Nutzen Sie die Dialog-Angebote unserer Politiker und unterstützen die Stadt Mannheim weiterhin für unsere Belange einzutreten, gegebenenfalls mit eigenen Gutachten oder auf dem Rechtsweg.

  • Erster Bürgermeister Specht und CDU-Fraktionsvorsitzender Claudius Kranz laden ein am Mittwoch 21.11. um 18 Uhr zum Bürgerdialog „Bahnlärm“ in Mannheim-Blumenau, Jona-Gemeindesaal, Viernheimer Weg 22.
  • Bundestagsabgeordneter Nikolas Löbel und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium Steffen Bilger laden ein am Montag 26.11. 10 -12 Uhr nach Mannheim, Ort wird noch bekannt gegeben.
  • Landtagsabgeordnete der Bündnis90/Grünen Elke Zimmer lädt ein zum Bürgergespräch am Mittwoch 14.11. ab 18:30 Uhr im Nebenzimmer der Gaststätte Seeblick in Rheinau Süd, Lüderitzstr. 42.

Unterstützen Sie die Stadtverwaltung und die Parteien durch Ihre Anwesenheit und durch deutliche Kritik an den Bahnplänen! Die Stadtverwaltung braucht den Rückhalt der Betroffenen!“

Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE

Neutralitätspflicht von Staatsorganen bei Wahlen – eine Falle, auf deren Zuschnappen die AfD nur wartet.

Wir sollten ihr nicht diesen Gefallen erweisen

Neutralitätspflicht von Staatsorganen bei Wahlen – eine Falle, auf deren Zuschnappen die AfD nur wartet. Wir sollten ihr nicht diesen Gefallen erweisen Aufregung über den Mannheimer Oberbürgermeister [http://kommunalinfo-mannheim.com/2018/10/23/neujahrsempfang-im-rosengarten-absage-fuer-aufstehen-gegen-rassismus/]:
Er ließ ausrichten, dass er einen namentlich gegen die AfD gerichteten Infostand von „Aufstehen gegen Rassismus“ beim traditionellen Neujahrsempfang 2019 im Rosengarten nicht zulassen werde. Das ist in der Tat schwere Kost für Menschen, die versuchen, im Sinne einer solidarischen Gesellschaft jede Form von Rassismus und völkischem Gedankengut zu bekämpfen und damit selbstverständlich auch die AfD.

Wechselt der OB die Seite? Auf gut deutsch: „Hat er sie noch alle?“

Der OB ist Gastgeber des Neujahrsempfangs. Dieser findet im Vorfeld der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 statt. Die Staatsorgane sind verfassungsrechtlich zu absoluter Neutralität in Wahlkampfzeiten verpflichtet (s.u. eine Zusammenfassung der rechtlichen Betrachtung hierzu durch den Landes-Innenminister). Wann genau die „Neutralitätspflicht“ beginnt, ist nicht gesetzlich, sondern nur richterrechtlich definiert. Wenn die gesetzliche Neutralitätspflicht verletzt wird, ist dies ein Grund zur Wahlanfechtung:
§ 22 Gemeindeordnung Baden-Württemberg: Grundsätze für die Wahlprüfung und Wahlanfechtungsgründe
(1) Die Wahl ist für ungültig zu erklären, wenn ihr Ergebnis dadurch beeinflußt werden konnte, daß 1. der Bewerber oder Dritte bei der Wahl eine strafbare Handlung im Sinne der §§ 107, (…) des Strafgesetzbuches oder eine andere gegen ein Gesetz verstoßende Wahlbeeinflussung begangen haben (…)

Abgesehen davon, dass eine demokratische Wahl wirklich alle Kandidierenden gleich behandeln muss (auch wenn man einige für unausstehlich hält), und somit ausschließlich der/die Wählende darüber  entscheidet, welche Partei bzw. welche*e Kandidat*in „gut“ oder „schlecht“ ist, empfiehlt es sich, peinlich genau auf die Einhaltung dieser Logik zu achten. Verstöße hiergegen, die vor Gericht als solche festgestellt werden, liefern jederzeit den Grund für eine Wahlanfechtung.

Preisfrage:
Was geschieht, wenn die AfD die ihr gebotene Möglichkeit nutzt, gegen eine Neutralitätsverletzung z.B. des Mannheimer  Oberbürgermeisters gerichtlich vorzugehen und damit die Anfechtung der Kommunalwahl erreicht? Die Märtyrer-Partei AfD könnte sich auf die Wahlwiederholung echt freuen. Dazu braucht man kein Prophet zu sein. Das kann antifaschistisch und demokratisch gesonnenen Menschen nicht gleichgültig sein! Es gibt 1.000 andere Gelegenheiten, die AfD namentlich politisch anzugreifen als die paar Stunden OB-Empfang.

Diese Gelegenheiten sollten wir nutzen und in die oben beschriebene Falle nicht hineintappen.
Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE

Neutralitätsgebot:

Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1721
Antwort

Mit Schreiben vom 28. März 2017 Nr. 2-2206.0/46 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage [des Abgeordneten Rülke, FDP/DVP] wie folgt:

1. Welchen Neutralitätspflichten unterliegen Amtsträger in Wahlkämpfen?
2. Welchen Neutralitätspflichten unterliegen Oberbürgermeister in Wahlkämpfen?

3. Welchen Neutralitätspflichten unterliegen Beigeordnete in Wahlkämpfen?

Zu 1. bis 3.:
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 44, 125) und des Staatsgerichtshofs (jetzt: Verfassungsgerichtshofs) Baden-Württemberg (ESVGH 31, 81) besteht für Staatsorgane im Vorfeld von Wahlen eine Neutralitätspflicht. Danach ist es den Staatsorganen im Hinblick auf das Demokratieprinzip und das Recht der Parteien auf Chancengleichheit von Verfassungs wegen versagt, sich in amtlicher Funktion im Hinblick auf Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren und sie unter Einsatz staatlicher Mittel zu unterstützen oder zu bekämpfen, insbesondere durch Werbung die Entscheidung der Wähler zu beeinflussen. Diese Grundsätze gelten auch für kommunale Organe und für kommunale Wahlen. Oberbürgermeister und Bürgermeister als Organe der Gemeinde und Beigeordnete als deren ständige Vertreter unterliegen dieser verfassungsrechtlichen Neutralitätspflicht in Wahlkämpfen. Als Beamte auf Zeit haben sie zudem nach § 33 Absatz 2 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) bei
politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt. Diesen Pflichten steht es nicht entgegen, dass sie sich im Rahmen der Meinungsfreiheit unter Berücksichtigung der öffentlichen Wahrnehmung als Privatpersonen an Wahlkämpfen beteiligen. Sie haben dabei jedoch auf eine klare Trennung zwischen Amt und persönlichem Engagement im Wahlkampf zu achten.

Warum ich gute Gründe habe, am 3. Oktober zur Demo „Für Demokratie, Menschlichkeit und Rechtsstaat“ in Mannheim zu gehen

Nein, ich frage mich besser nicht als Erstes, wer da sonst noch alles da ist. Es
werden viele sein, mit denen ich mich politisch hauptsächlich und die meiste Zeit
(z.B. im Gemeinderat) fetze, meist wegen sozialer Forderungen, die ich im Sinne
einer solidarischen Gesellschaft erhebe, und die sie mehr oder weniger heftig
ablehnen. Aber ich weiß auch von vornherein, wer nicht an dieser Demonstration
teilnehmen wird. Es sind die, die 2015 meinten, es wäre richtig gewesen, notfalls
mit militärischen Mitteln die Grenzen dicht zu machen. Es sind die, die zurzeit
massenhaft die schwarz-rot-goldene Fahne auf rassistischen Demonstrationen
schwenken, von denen einige aber eigentlich lieber unter schwarz-weiß-rot
aufmarschieren würden.

Es ist vieles zu sortieren, bevor man mit dem Demo-Format am 3. Oktober
klarkommt, oder am Ende vielleicht doch nicht. Man muss grundlegende Lehren
aus der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts mobilisieren, und aus der
Geschichte der Demokratie. Und man sollte sich mit der rasanten
Entwicklungstendenz des „Rechtspopulismus“ hin zu einer dezidiert rassistisch-
völkischen gewaltbereiten Massen(?)-Bewegung auseinandersetzen, die Teile der
Mitte vor sich her treibt und nach rechts verschiebt, und die sich an ihren
Rändern gleichzeitig mit rechten terroraffinen Gruppierungen und Gewalttätern
vermischt, die Hass propagiert und Gewalt praktiziert.

Die Werte – die Republik

Sind „Demokratie“, „Menschlichkeit“ und „Rechtsstaat“ tragende Prinzipien für
die bundesrepublikanische und die europäischen Gesellschaften, oder sind sie
ausgehöhlte Skelette? Wem fallen nicht 1.000 Tatbestände ein, die diese Frage
als vollkommen gerechtfertigt erscheinen lassen und im Sinne dieser Werte
notwendig machen? Dennoch: „Demokratie“ ist kein Feudal- und kein Führer-
Staat und auch keine ungebrochen direkte formale und reale Plutokratie. Und es
gilt das Prinzip: Ein Mensch – eine Stimme.

„Menschlichkeit“ geht zumindest vom universellen Menschsein aus und teilt die
Menschheit nicht in Herren- , Unter oder gar Nicht-Menschen auf.
„Rechtstaatlichkeit“ setzt Gewaltenteilung voraus, sie lässt Menschen nicht
einfach verschwinden und ohne Prozess in Kerkern schmachten. Sie sichert den
Rechtsweg zu.

Die einen Demonstrant*innen werden diese Werte am 3.10. mehr als Anspruch
denn als Realität sehen; die anderen werden meinen: Besser geht kaum. Es ist
aber wichtig, dass diese Werte gewollt und verteidigt werden gegen diejenigen,
die diese Werte definitiv und erklärtermaßen für Teile der Gesellschaft außer Kraft
setzen wollen. Es ist wichtig, diesen Minimalkonsens gemeinsam zu artikulieren
und auf die Straße zu tragen in der Hoffnung oder Gewissheit: „Wir sind mehr“.
Diese hoffentlich bestehende Gemeinsamkeit schließt keineswegs aus, dass man
im Weiteren heftig darüber zu streiten hat, wie diese Werte mit Leben gefüllt und
Realität werden, und wie auf die Herausforderungen der globalisierten
kapitalistischen Welt zu reagieren ist. Mit Abschiebungen in Kriegsgebiete wie
Afghanistan und von in Deutschand geborenen Kindern – in den USA wären sie
dortige Staatsbürger – sicherlich nicht. Auch die Festung Europa ist indiskutabel
Wenn jedoch der gesellschaftliche Minimalkonsens nicht offensiv vertreten wird,
muss man sich über die Folgen nicht wundern. Die Weimarer Republik war besser
als das Kaiserreich mit anschließender Jahrhundertkatastrophe und erst recht
besser als das nationalsozialistische Reich mit Völkermord, Raubrieg und Ende in
Trümmern. Aber Republik mangelte es an Unterstützung für das Republikanische.
Die politischen Auseinandesetzungen wurden flankiert von jeweiligen
paramitlitärischen Einheiten. Alle gingen auf’s (auf ihr jeweiliges) Ganze. Der
Nationalsozialismus siegte.

Können wir uns nicht mal auf die Grundrechte für Jeden und Jede (Art. 1 bis 6 GG) einigen?

Es ist leider eine ausgesprochene Schwäche des Demonstrations-Aufrufs, dass er
sich hinsichtlich „Menschlichkeit“ auf diesen unspezifischen und eher emotional-
ungreifbaren Begriff beschränkt. Der Grundrechte-Katalog des Grundgesetzes
wäre eine solide Basis. Er bezieht sich in den Artikeln 1 bis 6 auf alle Menschen
im Land, nicht nur auf „Deutsche“ und Staatsbürger*innen – von der
unantastbaren Würde des Menschen bis hin zum Schutzanspruch jeder Mutter.
Und genau hier liegt die Scheidelinie zu Rechtsradikalen und Faschisten aller
Sorten: Sie verlangen die Beschränkung der Grundrechte auf einen rassisch
definierten Teil der Gesellschaft, soweit er nach „deutscher Lebensweise“ lebt.
Den Rest wollen sie verjagen. Akif Pirinçci, der gemeinsame Provokateur von AfD,
Pegida und Identitären: „8 Millionen Menschen müssen gehen“. (3sat: Die Rechte
Wende. https://www.youtube.com/watch?v=FMd6JrdxmQo Minute 53:30)
Wer am 3. Oktober zur Demonstration gegen Hass und Gewalt aufruft und sorgt
hier nicht für Klarheit, macht etwas falsch. Früher sprach man noch von
„Verfassungspatriotismus“. Jetzt soll die Demonstration mit schlichtem
Patriotismus enden, mit dem dritten Vers des „Liedes der Deutschen“. Man
möchte sich scheinbar den Patriotismus nicht streitig machen lassen.
Da wird es ebenso wie vor auch nach der Demonstration vom 3.10. viel zu
diskutieren geben.

Trotzdem werde ich mich der Demonstration anschließen und gegen Hass und
Gewalt, gegen Rassismus und für die Achtung der Menschenrechte
demonstrieren – gerne mit allen, die auch nur annähernd dieses Anliegen haben.

Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE

Monstrum Polizeiverordnung: Gleichzeitig notwendig und überflüssig, zahnlos und beißwütig

Der Mannheimer Gemeinderat hat auf Vorschlag der Verwaltung (Dezernat I unter Christian Specht, CDU) die Allgemeine Polizeiverordnung nach teils kontroversen Diskussionen

Idyll unter Bäumen in der Wasserturmanlage. Da zögert selbst der Kommunal Ordnungsdienst, Knöllchen zu verteilen.

„aktualisiert“. Die letzte Fassung stammte aus 2010. Bei dieser Verordnung geht es um die
„ Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung auf öffentlichen Straßen und Anlagen und zur Abwehr von verhaltensbedingten Gefahren im Stadtkreis Mannheim “

(so die offizielle Widmung). Nun hat also der Kommunale Ordnungsdienst wieder eine passende Rechtsgrundlage für sein Einschreiten, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung gerettet werden muss. Aber hat er die tatsächlich, und geht es immer um die Sicherheit der Bürger*innen, um Gefahrenabwehr?
„Nulla poena sine lege“ – Keine Strafe ohne Gesetz:
Nach diesem altrömischen Prinzip funktioniert die Polizeiverordnung mit ihrem Katalog untersagter Verhaltensweisen. Verstößt man dagegen und begeht somit eine Ordnungswidrigkeit, setzt es – unter Umständen – ein Bußgeld, zwischen 5 und 5.000 Euro. Aber eben nur unter Umständen. Denn ein Verbot auszusprechen ist leicht, es durchzusetzen ist schwierig bis unmöglich.
Die Konservativen sind jedoch der unumstößlichen Überzeugung, positives Stadtleben könne nur gelingen, wenn der Teil der Bevölkerung, der sich nicht „richtig“ benehme, polizeilich in Schach gehalten werde. Dafür bräuchte es nach dieser Logik dann aber sicher je 50 Stadtbewohner*innen eine*n Aufpasser*in (Auswärtige und Touristen in der Stadt nicht mitgerechnet). Deswegen fordern insbesondere CDU und Mannheimer Liste beharrlich eine erhebliche Aufstockung des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD). Aber selbst bei Verdoppelung und Verdreifachung ist es nicht möglich, die Überwachung des ruhenden Verkehrs und gleichzeitig des tausendfachen Gassi-Gehens zu bewerkstelligen, und dann noch ein Auge auf die alkoholkranken Menschen auf den Plätzen der Stadt zu haben und auch noch das Taubenfüttern zu unterbinden, womit ja nur ein Bruchteil der durchzusetzenden Verbote benannt ist.
Die Grenzen jeder Polizeiverordnung
Damit sind schon die Grenzen einer jeglichen Polizeiverordnung skizziert: Mit polizeilichen Mitteln eine lebenswerte, einigermaßen saubere Stadt erzielen zu wollen, die auch noch einen Hauch von Liberalität spüren lässt, ist ein Unding. Dennoch mag es da und dort und dann und wann – wenn jede vernünftige Ansprache ins Leere geht und Rücksichtslosigkeit gegenüber den anderen Menschen für diese zur Plage wird – notwendig sein, wirklich und merklich einzuschreiten. Und dafür braucht es eben eine Rechtsgrundlage. Vor allem aber braucht es in dicht besiedelten Räumen positive Maßnahmen für ein gedeihliches  Zusammenleben. Das mögen schlicht Informationen sein über tatsächliche Gefahren (z.B. Grillen bei vollkommen ausgetrockneter Umgebung) oder über den Zusammenhang zwischen dem Füttern von Wildtieren und einer unverträglich hohen Präsenz z.B. von Wasservögeln auf Liegewiesen oder Ratten in der Stadt. Zu positiven Maßnahmen zählen aber auch und v.a. Einrichtungen, die das vernünftige Verhalten ermöglichen oder fördern: Beispielsweise – wie inzwischen realisiert – sehr viele Mülltonnen am Rande der Neckarwiese. Nicht realisiert ist das Vorhandensein von Toiletten in dieser Freizeit- und Feierzone, so dass die Anwohner*innen, deren Terrassen an die Neckarwiese grenzen, seit
Jahren Klage führen, obwohl es doch schon ewig in der Polizeiverordnung heißt:
„§3, (3): In vom öffentlichen Straßenraum einsehbaren und unmittelbar frei
zugänglichen Haus- oder Grundstücksein- /-zugängen ist untersagt: (…) 2. das
Verrichten der Notdurft.“
Die Pflicht, für lebenswertes städtisches Leben die Rahmenbedingungen zu schaffen
Die Auseinandersetzung mit alkoholkranken und sonstig drogenabhängigen
Menschen vor allem über das Ordnungsrecht und Ordnungsdienst ist ein
gravierendes Beispiel für erstens aussichtsloses, zweitens
menschenverachtendes und drittens auch noch verantwortungsloses Agieren vor
allem der „konservativen“ Kräfte im Mannheimer Gemeinderat. Gewiss ist
niemand begeistert, dass eine gewisse Anzahl solcher oft auch wohnsitz- oder
obdachloser Menschen, kurz: „die Trinkerszene“, ihren Tag z.B. am zentralen
Paradeplatz verbringt, teilweise sehr laut und auf viele Menschen bedrohlich
wirkend.
Nun hatte die Verwaltung nach zweijährigen erfolglosen Anstrengungen, eine
geeignete Immobilie zu finden, dem Gemeinderat vorgeschlagen, ein
„alkoholakzeptierendes Aufenthalts- und Betreuungsangebot für die Trinker- und
Drogenszene in der Akademiestraße“ in einem zu errichtenden Gebäude
einzurichten (V268/2018). Für diesen Vorschlag stimmten am Ende nur SPD,
Grüne und LINKE sowie der OB. Alle anderen lehnten dieses Projekt mehrheitlich
ab. Das war am 26.6. Am 24.7. dann die Entscheidung über die neue
Polizeiverordnung mit „Verfeinerungen“ auch zu diesem Thema.
Zu dem bisher schon gültigen aber eben letztlich wirkungslosen §10 kommt ein
neuer Absatz 3 hinzu. Zunächst der Wortlaut der bisherigen Regelung:
„ § 10 Verhaltensbedingte Gefahren in der Öffentlichkeit
(1) Es ist untersagt, sich im Zustand von Trunkenheit oder unter Einfluss sonstiger berauschender Mittel auf Straßen, in unterirdischen Anlagen und Grün- und Freizeitanlagen und in vom öffentlichen Straßenraum unmittelbar frei zugänglichen Haus- oder Grundstücksein-/-zugängen aufzuhalten, sofern andere dadurch – insbesondere durch Lärmen oder Aufdringlichkeit – grob b elästigt oder behindert werden. (2) Auf Kinderspielplätzen und sonstigen Spielanlagen sowie in deren unmittelbarer
Nähe sind der Konsum alkoholischer Getränke und die Abgabe solcher Getränke verboten.“
Man merkt: diese Verbotsregel schreit eigentlich nach einem allgemeinen Verbot des Alkoholkonsums auf öffentlichen Straßen und Plätzen, wie es dem Land immer wieder  abgefordert wird, wie es aber der Verfassungsgerichtshof eindeutig wegen unzulässiger Beschränkung der persönlichen Freiheit zurückgewiesen hat. Also beschreibt man die Folgen des Alkoholkonsums. Und wenn nun aber kein allgemeines Konsumverbot durchzusetzen ist, dann doch wenigstens in der rechtlichen Nische von Fahrgastunterständen! Und so schlug die Verwaltung folgende Ergänzung vor:
„Es ist untersagt, in den Fahrgastunterständen der Haltestellen des öffentlichen Personenverkehrs in Gruppengröße (mindestens zwei Personen) zu lagern oder dauerhaft zu verweilen (sich niederzulassen), um alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel zu konsumieren oder in einem nach außen deutlich sichtbaren Rauschzustand dort zu lagern oder dauerhaft zu verweilen (sich niederzulassen).“
Im Laufe der gemeinderätlichen Diskussion wurde dann noch der Bezug auf eine Gruppe mehrheitlich herausgenommen, so dass jetzt auch Einzelmenschen dort „lagern“ dürfen (der Begriff erinnert fatal an die „Landfahrer“-Vertreibung aus den Städten).
Der Bezirksbeirat Innenstadt/Jungbusch hat nach der Ablehnung des alkoholakzeptierenden Aufenthalts- und Betreuungsangebotes durch die rechte
Mehrheiti9m Gemeinderat das Thema sofort wieder auf seine Tagesordnung
gesetzt. Recht hat er!
Das Gerangel um die das Betreten von Rasenflächen – oder der Drang der Rechten, aus Mannheim eine polizeilich überwachte Puppenstube zu machen mit vorgegebenem Lebensstil
Stundenlang wurde in den Ausschüssen sowie dem Gemeinderat über das Betreten von Rasenflächen diskutiert. Traditionell sind die rechten Hardliner für ein generelles Verbot, Rasenflächen zu betreten. Das prägte schon die Diskussion 2010, allerdings aus rechter Sicht fat vergeblich. 2018 führte die Diskussion zu diffusen Formulierungen, weil die CDU auf einmal selbst nicht mehr wusste, was sie eigentlich will. Inzwischen ist in dieser Partei nämlich das „Junge-Mütter“- Fieber ausgebrochen. Schon in der Haushaltsrede der CDU musste das Baby der nachgerückten Stadträtin Dörr namentlich für schreckenerregende
Hochrechnungen seiner zu erwartenden Pro-Kopf-Verschuldung als Bürger dieser
Stadt herhalten. Dann erklärte auch noch die bei den Grünen nachgerückte junge
Mutter Dehmelt, wie sich das anfühlt, vom Kommunalen Ordnungsdienst angemacht zu werden, wenn man mit seinem Kind auf dem Rasen am Wasserturm sitzt. Darauf stellte die CDU nun den Änderungsantrag, dass in der Poilzeiverordnung ein Bürgerrecht verkündet werde: „Im Geltungsbereich dieser Verordnung ist das Betreten von öffentlichen Rasenflächen in Grün- und Freizeitanlagen grundsätzlich erlaubt“.  (Motto: Willst du wissen was erlaubt ist, schau in die Polizeiverodnung). Eine Ordnungswidrigkeit sei dagegen das „Betreten und die gegenständliche Inanspruchnahme von Anpflanzungen und Rasenflächen in den Schmuckanlagen Friedrichsplatz und Paradeplatz.“ Der arme Ordnungsdienst! Die Menschen in Mannheim finden die Rasenflächen gerade neben den Wasserspielen am Wasserturm so schmuck und einladend, dass sie darauf unter den Bäumen ihre Decken ausbreiten und den Schatten genießen. Der Ordnungsdienst lässt es vernünftigerweise geschehen und handelt –
juristisch betrachtet – nach dem Opportunitätsprinzip: Eingreifen nur, wenn es opportun ist. Am Wasserturm herrscht somit Idylle pur. Denn Mannheim ist eine urbane Metropole und kein Puppenhaus nach den Regeln einiger Hardliner. Übrigens wird dem Vernehmen nach im Rathaus über eine weitere Novellierung der Verordnung nachgedacht: Unter Bäumen soll das Sitzen und Liegen selbst in der Wasserturm per Aushang an den Bäumen nun doch freigegeben werden – kein Witz! Der Kampf um das Mannheimer „Wohnzimmer“ treibt immer wieder Blüten.
Zum Abschluss aber doch noch ein Monnemer Witz:
Steht ein Mann mit zwei Hunden an der Leine vor einem „Hundekottütenspender“, um sich gleich eine Tüte zu ziehen und das Geschäft der Hunde wegzupacken. Kommt der Kommunale Ordnungsdienst und fragt den Mann: „Wo sind Ihre zwei Hundekottüten, die sie mit sich zu führen haben?“ – „Sie wollen die erst hier ziehen? Sie haben trotzdem gegen § 6 Abs. 6 der Polizeiverordnung verstoßen: ‚Der Hundeführer ist verpflichtet, mindestens eine Hundekottüte oder ein anderes geeignetes Hilfsmittel (z. B. Plastiktüte oder Schachtel) für die Aufnahme und den Transport von Hundekot pro mitgeführtem Hund bei sich zu haben und auf Verlangen den Vollzugsbediensteten vorzuweisen.“
Bisher beschränkte sich die Polizeiverordnung auf den schlichten und sinnvollen Satz: „Wer einen Hund ausführt, ist verpflichtet, den Hundekot unverzüglich zu beseitigen, den der mitgeführte Hund (…) hinterlassen hat.“ Nun gibt es also endlich eine Durchführungsverordnung zur Beseitigung von Hundekot einschließlich der Möglichkeit von quasi Fahrscheinkontollen. Der Kontrollwahn lässt grüßen. Auch hier rettet nur das Opportunitätsprinzip.
Nachbemerkung: Mit der Werbewirtschaft (Prospekte) wird noch gesprochen
Das große Ärgernis für viele Stadtbewohner*innen, die überall in der Stadt herumfliegenden Prospekte, sollte bei der Novellierung der Polizeiverordnung aufgrund der zahlreichen und steten Beschwerden nun auch geregelt werden. Die Veranlasser der Prospektverteilung sollten haftbar gemacht werden: „§ 8 (…) Vorschriftswidrig abgelegte Zeitschriften, Werbeblätter oder sonstige Druckerzeugnisse sind von Auftraggebern/-innen und Herausgebern/-innen unverzüglich zu entfernen.“ Die Herausgeber*innen sollten also alles, was nicht in den Briefkästen, sondern im Freien landet, höchstpersönlich (oder durch zu bezahlende Handlanger) einsammeln – ansonsten Bußgeld bis 5.000 Euro!
Die Verwaltung hielt es jedoch für opportun, diesen diesen Unterpunkt von der Tagesordnung abzusetzen bzw. die Neufassung des Paragrafen 8 zurückzuziehen. Man sei noch im Gespräch mit der Werbewirtschaft. Im Zweifelsfalle enden diese Gespräche mit einer „Selbstverpflichtung“ der Prospektverteilenden Firmen. Wie wäre es, dann auch eine Selbstverpflichtung der „Trinkerszene“ anzustreben?
Thomas Trüper, Stadtrat DIE LINKE